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Sonja Rohrmann

Wenn große Leistungen zu großen Selbstzweifeln führen

Das Hochstapler-Selbstkonzept und seine Auswirkungen

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Produktdetails

Verlag
Hogrefe AG
Erschienen
2018
Sprache
Deutsch
Seiten
104
Infos
104 Seiten
ISBN
978-3-456-75772-8

Kurztext / Annotation

Sie sind beruflich erfolgreich, hochleistend und von außen betrachtet fähig, qualifiziert und kompetent. Trotzdem gibt es unter solchen Personen jene, die trotz offenkundiger Belege ihres tatsächlichen Könnens die Angst hegen, ihre Erfolge nicht wiederholen zu können. Sie tendieren dazu, berufliche Erfolge nicht persönlichen Kompetenzen, sondern übermäßiger Anstrengung oder unkontrollierbare Faktoren wie Glück zuzuschreiben. Personen mit Hochstapler-Selbstkonzept sind überzeugt, nicht so intelligent und fähig zu sein, wie sie anderen erscheinen und unverdient in ihre Positionen gelangt zu sein. Somit erleben sie sich als 'Betrüger' oder 'Hochstapler' und befürchten, früher oder später als solcher entlarvt zu werden. Dieses Buch befasst sich mit den Merkmalen des sogenannten Hochstapler- Selbstkonzepts, seiner Erfassung, seiner Verbreitung, seiner Entwicklung, seinen Zusammenhängen mit anderen Persönlichkeitsmerkmalen und seinen Auswirkungen. Schließlich wird der Frage nachgegangen, wie man dem Hochstapler-Selbstkonzept begegnen kann und wie es gelingen kann, die eigenen Kompetenzen realistisch einzuschätzen, Selbstzweifeln zu begegnen und mehr psychisches Wohlbefinden zu erlangen. In einer Gesellschaft, in der Versagensangst, Selbstzweifel oder auch eine allgemeine emotionale Überlastung besonders unter beruflich erfolgreichen Personen selten kommuniziert werden, aber offenbar den 'Geist der Zeit' darstellen, ist es notwendig, sich mit diesem (Tabu)Thema intensiver zu befassen.

Textauszug

|9|1_Was ist das Hochstapler-Selbstkonzept?

Die Psychotherapeutinnen und Professorinnen Pauline Rose Clance und Suzanne Imes machten im Rahmen ihrer therapeutischen Sitzungen sowie Beratungs- und Trainingstätigkeiten in internationalen Gruppen und College-Klassen an der Universität Georgia, USA, folgende Beobachtung, die sie erstmalig 1978 beschrieben:

Eine Vielzahl erfolgreicher Studentinnen und Frauen, die herausragende akademische Leistungen aufwiesen, Doktortitel erworben hatten, angesehene Koryphäen in ihren unterschiedlichen Berufsfeldern waren und beruflich Karriere gemacht hatten, litten unter starken Selbstzweifeln. Sie neigten dazu, objektive Erfolgsindikatoren (etwa akademische Grade, Auszeichnungen) nicht mit den eigenen Fähigkeiten zu erklären, sondern diese auf übermäßige Anstrengungen oder äußere Umstände (Glück, Zufall, glückliches Timing, gute Beziehungen zu relevanten Personen, Charme oder Fehler, z._B. bei der Auswertung von Leistungstests oder der Einschätzung ihrer Kompetenz) zurückzuführen. Betroffene erfahren laut Clance und Imes (1978) hohe Anerkennung von Kollegen und Autoritäten, seien aber der Überzeugung, sie würden von anderen überschätzt. Objektiv betrachtet gibt es offenbar eine Reihe von Belegen für ihre Kompetenz, ihre hervorragenden Leistungen und Erfolge. Subjektiv schreiben sich diese Personen ihren Erfolg jedoch nicht selbst zu und können ihn nicht internalisieren. Vielmehr haben sie das Gefühl, den Erfolg nicht verdient zu haben. Durch die Diskrepanz zwischen ihrem subjektiven Erleben von Inkompetenz und dem objektiven Erfolg haben diese Personen den Eindruck, eine Maske zu tragen, die vor anderen verbirgt, was tatsächlich hinter ihrer Fassade steckt (vgl. Abbildung 1-1). Sie fühlen sich als Betrüger und leben in ständiger Angst, dass ihre Maske fallen und der Schwindel auffliegen könnte, sie also entlarvt würden, sobald ihre vermeintliche Inkompetenz nicht länger verborgen werden könne.

Die mit hohem Erfolg verbundenen Merkmale wie Anerkennung, Macht und Status werden also nicht genossen, vielmehr leiden die Personen darun|11|ter, weil sie das Gefühl haben, dass sie ihnen in Wahrheit nicht zustehen. Die Erfolgsmerkmale steigern also nicht das Zutrauen in die eigene Leistungsfähigkeit, sondern lösen Versagensängste aus.

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Abbildung 1-1:_Personen mit Hochstapler-Selbstkonzept haben das Gefühl, eine Maske zu tragen, die ihre vermeintliche Inkompetenz verbirgt und sie nach außen erfolgreich erscheinen lässt.

Clance und Imes (1978) erkannten, dass sich diese Frauen als Hochstaplerinnen empfanden, fassten ihre Beobachtungen unter dem Begriff "Impostor Phenomenon" zusammen und führten diesen in die psychologische Fachliteratur ein. Die seitdem ebenfalls häufig in der Literatur zu findende Bezeichnung Impostor-Syndrom bzw. Hochstapler-Syndrom weckt jedoch leicht die Assoziation eines psychischen Störungsbildes (Brems, Baldwin, Davis & Namyniuk, 1994; Klinkhammer & Saul-Soprun, 2009). Der Begriff Syndrom kommt aus dem medizinischen Bereich und kennzeichnet eine Kombination von Symptomen, die typisch für ein bestimmtes Krankheitsbild sind. Obwohl Clance und Imes (1978) das Konzept des Impostor-Syndroms aus ihren Beobachtungen im Zusammenhang mit ihrer psychotherapeutischen Arbeit ableiteten, betonen sie explizit, dass dieses nicht in einer bestimmten diagnostischen Kategorie zu verorten ist, es sich demnach um keine krankhafte Beeinträchtigung oder Persönlichkeitsstörung handelt. Auch im Rahmen anerkannter Systeme zur Klassifikation psychischer Störungen wie der Internationalen Klassifikation psychischer Störungen. ICD-10, Kapitel V (F) von Dilling, Mombour und Schmidt (2015) oder dem Diagnostischen und Statistischen Manual Psychischer Störungen DSM-5

Beschreibung für Leser

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