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Die irgendwie richtige RichtungOverlay E-Book Reader
Gideon Lewis-Kraus

Die irgendwie richtige Richtung

Eine Pilgerreise

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Produktdetails

Verlag
Suhrkamp
Erschienen
2013
Sprache
Deutsch
Seiten
384
Infos
384 Seiten
ISBN
978-3-518-73469-8

Kurztext / Annotation

»Jakobsweg - Zielstrebigkeit - 10. Juni«. Was soll das? Er kann sich beim besten Willen nicht mehr erinnern, warum er das in sein Notizbuch geschrieben hat. Gideon ruft seinen Freund Tom an, und der weiß es. Sie sind zum gemeinsamen Pilgern verabredet. Am 10. Juni geht es los. Der Weg ist das Ziel, alles andere ist egal. Hauptsache, die Richtung stimmt, irgendwie. Santiago di Compostela ist weit entfernt, aber Berlin mit seinen Galerieeröffnungen, Bars und Clubs glücklicherweise auch. Pilgernd will er sich von den Zwängen der grenzenlosen Freiheit befreien. Und der ersten großen Krise seines Lebens entkommen, in die er geriet, als der Vater, ein schwuler Rabbi aus New Jersey, die Familie verließ, um mit seinem Freund zusammenzuziehen. Pilgernd kommt er dem eigenen Glück und dem Mysterium seiner Familie, Vaters verborgenem Leben, auf die Spur. Zum Schluss hat sich etwas verändert. Er hat sich verändert. Er hat das Rätsel seines Lebens gelöst. »Im Verlauf eines Jahres, im Verlauf dieses schönen, lebensklugen, drogen-, freundschaft- und sexverherrlichenden Buches wird Gideon Lewis-Kraus geradezu in eine Pilgerschaftsabhängigkeit geraten und von Ort zu Ort ziehen, fort aus der Welt der unendlichen Freiheiten oder der unendlichen Abhängigkeiten, hinüber in die Wanderwelt der Notwendigkeit.« Volker Weidermann, FAS

Gideon Lewis-Kraus, 32, lebt in Brooklyn. Er schreibt u. a. für Harper’s, The New York Times Book Review, Los Angeles Times Book Review, n+1. Mit einem Fulbright-Stipendium kam er von 2007 bis 2008 nach Berlin. Die irgendwie richtige Richtung ist sein erstes Buch. Er gehört zur jungen Generation der neuen aufregenden Autoren wie Dave Eggers, Mark Greif und John Jeremiah Sullivan.

Textauszug

PROLOG
Tallinn

Mein Freund Tom saß in Tallinn fest. Er hatte kein Visum für Estland und wusste, dass er nicht in diese kleine, entlegene Stadt zurückkehren konnte, wenn er sie einmal verlassen würde. Das viel dringlichere Problem war allerdings die russische Stripperin, mit der er flirtete, beziehungsweise ihr Freund, der angefangen hatte, vor Toms Haustür herumzulungern. Ich sollte Tom besuchen, weil er überzeugt war, dass der Typ sich nicht mit uns beiden anlegen würde.

Tom und ich kannten uns damals noch nicht allzu gut, im Vergleich zu später eigentlich gar nicht, aber das Ganze klang wie ein guter Vorwand für eine Reise. Anders als Tom konnte ich meine Wohnung in Berlin verlassen, wann immer ich wollte ich hatte ein deutsches Journalistenvisum und keine gehörnten baltischen Schlägertypen vor der Tür tatsächlich war ich sowieso mehr unterwegs als zu Hause. Damals wusste ich oft nichts mit mir anzufangen, und am Leben in Berlin gefiel mir am besten, dass es so leichtfiel, die Stadt zu verlassen. Etliche meiner Freunde waren schon weitergezogen oder in ihr echtes Leben in New York zurückgekehrt, und auch ich fragte mich, ob es nicht langsam an der Zeit wäre, meine Sachen zu packen. Ich wusste allerdings nicht wohin, denn kein Ort schien mir so verlockend, wie Berlin es einmal gewesen war und eigentlich immer noch sein sollte. Ich hatte im lieblichen und provinziellen San Francisco gewohnt und war dann nach Berlin gezogen, weil ich das Gefühl hatte, sonst etwas Spannendes zu verpassen. Und jetzt war ich drauf und dran, das lebhafte und provisorische Berlin zu verlassen, weil ich befürchtete, etwas Ernsthaftes zu verpassen. Auf der anderen Seite legte ein Blick auf meine Erfahrungen und Geschichten der letzten Jahre nahe, dass ich es, wenn ich mich tatsächlich zu einem Umzug an einen Ort aufraffen würde, den ich für »ernsthaft« hielt, sowieso wieder bereuen würde, all die neuen, interessanten Menschen anderswo zu verpassen. Ich hatte an New York gedacht wo ich nie lange gelebt hatte, aber wo ich in meiner Vorstellung plötzlich für all die Gewohnheiten und Bindungen bereit sein würde, aus denen das wirkliche Leben besteht (Katze, Yoga, eine Beziehung). Vielleicht also nicht New York. Vielleicht Kiew. Kiew sei billig und cool, hatte ich gehört. Ich hatte mir oft vorgenommen, mir das mal anzusehen.

Tom und ich teilten die Hoffnung, dass es eine geographische Lösung für Probleme wie Unentschlossenheit gab, für Langeweile und den Verdacht, dass attraktivere Menschen an angesagteren Orten interessantere Dinge erlebten. Tatsächlich war das vor allem meine Sorge. In Toms Vorstellung erlebten fleißigere Menschen an besinnlicheren Orten uninteressantere Dinge. Tom war mit der Idee nach Tallinn gezogen, dass er dort zur Produktivität gedrängt werden würde, dass die Abgelegenheit und Exotik des Ortes ihn zwingen würden, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren, die er vor lauter Videospielerei und weitaus zügelloseren Freizeitaktivitäten vernachlässigt hatte. Ich hingegen war gerade wegen der Zwanglosigkeit nach Berlin gekommen. Ich hatte die Hoffnung, dass mir die grenzenlosen Möglichkeiten der Stadt dabei helfen würden, herauszufinden, was ich wirklich wollte. Natürlich funktionierte beides nicht, und das lag nicht an der russischen Stripperin. Tom wurde klaustrophobisch und suchte verzweifelt nach Ablenkung, meine Abgelenktheit hingegen ließ mich von Disziplin träumen. Wir waren zwei Schiffe, die auf Wind warteten, um in der Nacht aneinander vorbeizusegeln.

Tom holte mich am winzigen Flughafen von Tallinn mit einem Taxi ab und brachte mich auf den neuesten Stand. »Ich habe mal in Saigon gelebt«, sagte er, »u

Beschreibung für Leser

Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Über den AutorIn

Thomas Pletzinger, geb. 1975 in Münster, wuchs im Ruhrgebiet auf und absolvierte ein Studium der Amerikanistik in Hamburg. Dort und in New York arbeitete er für Verlage und Literaturagenturen. Nach dem Studium am Deutschen Literaturinstitut Leipzig lebt er jetzt in Berlin. Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien. Er erhielt ein Werkstattstipendium der Jürgen-Ponto-Stiftung, das Breslau-Stipendium der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen und war Stipendiat beim International Writing Program der University of Iowa. 2005 gewann er den Prosanova-Literaturwettbewerb, 2006 den MDR-Literaturpreis.