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Moira Frank

Nachtschwärmer

Ausgezeichnet mit dem Saarländischen Kinder- und Jugendbuchpreis 2021

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Produktdetails

Verlag
cbj
Erschienen
2019
Sprache
Deutsch
Seiten
400
Infos
400 Seiten
21,5 cm x 13,5 cm
ab 14 Jahre
ISBN
978-3-641-21869-0

Kurztext / Annotation

Auf der Suche nach dem verlorenen Bruder
Ganze drei Wochen hatte Helena einen Halbbruder. Lukas hat sie auf Facebook gefunden, sie haben stundenlang telefoniert, doch bevor sie sich treffen können, stirbt er bei einem Verkehrsunfall. Als Helena in den Sommerferien mit ihrem nichtsahnenden Freund in die Uckermark zum Zelten fährt, um Lukas' Grab zu besuchen, lernt sie seine beiden besten Kumpel kennen und das Mädchen, mit dem er zusammen war. Und nach Wochen des Stillstands nimmt Helenas Leben rasant an Fahrt auf ...

Moira Frank, geboren 1993 bei Hamburg, studierte Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus in Hildesheim. Sie hat in Anthologien und Zeitschriften veröffentlicht und war 2015 Stipendiatin des Klagenfurter Literaturkurses. »Sturmflimmern« ist ihr Debütroman.

Textauszug

· 2 ·

EIN SPAZIERGÄNGER UND sein Hund fanden Lukas, noch ehe am Montagmorgen die Klausur auf allen Tischen lag. Das konnte ich mir später ausrechnen, weil es in der Zeitung stand. Wahrscheinlich hatte ich gerade mit zitternder Hand den soeben ausgeteilten Arbeitsbogen umgedreht.

Mathe und ich standen auf dem Kriegsfuß, seit wir in der ersten Stunde in der Grundschule im Chor einen Abzählreim aufsagen und dabei unsere Finger zählen sollten. Daran scheiterte ich, weil ich an einer Hand nur vier Finger hatte. Was ich dann meiner Klasse und der Lehrerin erst mal erklären musste. Und ab dann ging es nur noch abwärts. Mit Mathe und meinem Sozialstatus.

Ich kannte eine Menge Leute, die behaupteten, sie wären richtig schlecht in Mathe, aber keiner war so schlecht wie ich. Wenn mir jemand mit Kurven und Variablen und Prozenten kam, fror mir das Hirn ein. Ich hatte ein Riesenglück, dass die Kasse im Supermarkt, in dem ich jede Woche zehn Stunden aushalf, mir das Wechselgeld vorrechnete. Oder dass ich nicht im Kurs vom Jamek saß, der die Marker aus der Whiteboard-Ablage nach einem warf, wenn man sich zu dumm bei ihm anstellte. Selbst Ole hatte trotz aller Liebe aufgegeben, mir zu helfen.

Beim Durchlesen meiner in Hieroglyphen abgefassten Aufgabenblätter - Die Zufallsvariable X ist binomialverteilt mit den Parametern n = 30 und p = 0,25. Berechne a) P (X = 10) b) P (X _ 10) c) P (X > 5) d) P (15 _ X _ 25) - hatte ich mein erstes Blackout. Im letzten Jahr waren es bloß diese kurzen, panischen Aussetzer gewesen, die jeder in der Schule mal hat, sogar Maren, die überall genial war außer in Sport. Der Schulstress, sagten alle, auch meine Hausärztin, die Menschen hasste und die ich deshalb möglichst selten aufsuchte. Gehen Sie raus an die frische Luft, schlafen Sie regelmäßig, ernähren Sie sich ausgewogen, die ganze Leier.

Doch seit die Klausurphase angefangen hatte, fuhr ich länger runter. Es war keine Ohnmacht, eher wie ein Roboter, dem der Saft aus ist. Ich fiel auch nicht vom Stuhl oder so, und wenn ich über meine Arbeit gebeugt saß, sah es so aus, als würde ich einfach sehr gründlich nachdenken.

Es hatte bislang noch keiner was gemerkt. Auch diesmal nicht, als ich wieder zu mir kam. Alle waren sehr beschäftigt mit Rechnern und Kugelschreibern und Handys unterm Tisch, und mir fehlten bloß sechs Minuten. Ich machte mich daran, auswendig gelernte Formeln hinzuschreiben. Da kamen manchmal ein, zwei Punkte bei zustande. Bei neuen Mathelehrern fügte ich eine Entschuldigung an, aber bei der Rehmann, die mich seit drei Jahren hatte, konnte ich mir das sparen. Dann wartete ich, bis Jana und Tarik abgegeben hatten, und brachte meine Klausur auch nach vorn. Rehmann kniff die Lippen zusammen und sagte nichts. Brauchte sie auch nicht, denn das war's für mich gewesen.

Immerhin, sagte ich mir, wie man sich das eben einredet, wenn gerade alles den Bach runtergeht, hatte ich es jetzt hinter mir. Vielleicht konnte ich heute Abend wieder was essen, ohne danach zu kotzen. Ich hängte mir meinen Rucksack um, verzog mich aus dem Klassenzimmer und setzte mich mit meinem Handy ins kühle, stille Treppenhaus.

Ich hatte gehofft, Lukas hätte mir geschrieben. Er wusste, dass heute die Klausur war. Ich hatte ihm schließlich genug damit in den Ohren gelegen. Er war der einzige Mensch, der von meinem Gejammer und meiner Mathedummheit noch nicht genug hatte, und das wahrscheinlich bloß, weil er mich noch nicht lang genug kannte. Er war selbst nicht besonders gut und hatte vorgeschlagen, eine Freundin von sich zu fragen, die da hochbegabt wäre. Aber mir hätte Laplace selbst nicht helfen können, und der hatte einen Teil von dem Mist erfunden, also hatte ich ihn bloß gebeten, mir die Daumen zu drücken.

Ich hatte keine Nachricht von ihm. Was aber okay war, immerhin schrieb er bald Abitur, und ich konnte ja n

Beschreibung für Leser

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