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Wie wir werden, wer wir sindOverlay E-Book Reader
Joachim Bauer

Wie wir werden, wer wir sind

Die Entstehung des menschlichen Selbst durch Resonanz

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Produktdetails

Verlag
Karl Blessing Verlag
Erschienen
2019
Sprache
Deutsch
Seiten
256
Infos
256 Seiten
ISBN
978-3-641-22372-4

Kurztext / Annotation

Das neue große Buch des Bestsellerautors: Die Bedeutung des Selbst für Erziehung, Partnerschaft und Gesellschaft
Jeder Mensch hat die Gewissheit: Ich bin. Das in uns vorhandene Wissen, dass wir sind und wer wir sind, nennt die moderne Hirnforschung das Selbst. Wo es im Gehirn seinen Sitz hat, wurde erst vor Kurzem entdeckt. Menschliche Säuglinge kommen ohne ein Selbst zur Welt. Wie also kommt das Selbst ins Kind? Der renommierte Neurowissenschaftler, Arzt, Psychotherapeut und Bestsellerautor Professor Joachim Bauer beschreibt hier auf allgemein verständliche Weise nicht nur, wie unser Selbst entsteht, sondern auch, welchen Gefahren es im Laufe des Lebens ausgesetzt ist und wie wir es bewahren und stärken können.

Prof. Dr. med. Joachim Bauer ist Neurowissenschaftler, Arzt und Psychotherapeut. Nach erfolgreichen Jahren an der Universität Freiburg lehrt und arbeitet er heute in Berlin. Für seine Forschungsarbeiten erhielt er den renommierten Organon-Preis. Er veröffentlichte zahlreiche Sachbücher, u. a. »Warum ich fühle, was du fühlst«. Zuletzt erschienen bei Blessing/Heyne der SPIEGEL-Bestseller »Selbststeuerung - Die Wiederentdeckung des freien Willens« (2015), »Wie wir werden, wer wir sind - Die Entstehung des menschlichen Selbst durch Resonanz« (2019) und »Fühlen, was die Welt fühlt« (2020).

Textauszug

2   AUSBAU DES SELBST-SYSTEMS UND AUTONOMIEERWERB

Abhängig zu sein, ist für den Menschen kränkend und wird bekanntlich, so gut es geht, verleugnet. Diese Kränkung macht verständlich, warum vielen der radikale Gegenentwurf völliger Unabhängigkeit und das damit verbundene Versprechen grenzenloser Freiheit verlockend erscheint. Der geheime Wunsch, der Schwerkraft der Inter-Personalität zu entkommen, sich über Andere erheben zu können und dadurch eine gewisse Großartigkeit zu erreichen, erinnert an Ikarus, der die Warnung seines Vaters missachtete, beim Fliegen mit den aus Wachs zusammengeklebten Federn der Sonne nicht zu nahe zu kommen. Dass Menschen autonom sein wollen, ist völlig legitim. Doch sosehr wir uns auch abstrampeln: Der Versuch, das in uns verankerte Du und die vielen äußeren und interpersonellen Abhängigkeiten loszuwerden, ist zum Scheitern verurteilt. Das zu akzeptieren, ist ein seelischer Reifungsprozess, der einige Jahre Zeit braucht, manchen Menschen gelingt er nie. Das sich in jedem Menschen abspielende lebenslange Drama zwischen Abhängigkeit und dem Wunsch nach Autonomie nimmt im zweiten Lebensjahr seinen Anfang, es wird in der Pubertät - auf einer sozusagen höheren, anspruchsvolleren Ebene - ein zweites Mal durchlebt und begleitet uns durchs ganze Leben. Oft erfährt es, wenn sich zum Lebensende Schwächen einstellen, im Alter nochmals eine letzte Zuspitzung.

Sobald er der Mutterbrust nicht mehr bedarf und ein paar Meter davonkrabbeln kann, beginnt der Mensch, seine Abhängigkeit als ambivalent zu erleben. Der Verbindung zum Du, der das menschliche Selbst seine Entstehung am Beginn des Lebens verdankt, folgt daher eine Gegenbewegung. Nicht lange, nachdem der Säugling seinen ersten Geburtstag hinter sich gebracht hat, beginnt ein Ringen um Autonomie, welches den Menschen das ganze Leben begleiten wird. Bindung und Autonomie erscheinen zunächst als widersprüchlich, doch tatsächlich bedingen sie sich. Zwischen einer engen, für das Kind verlässlichen frühen Bindung an seine Beziehungsperson(en) und seiner Fähigkeit, Autonomie zu wagen und zu entwickeln, besteht ein Ping-Pong-Verhältnis: Nur verlässlich gebundene Kinder, die in ihren Eltern, Betreuerinnen und Betreuern einen »sicheren Hafen« haben, wagen sich von diesen ein Stück weit weg »hinaus aufs Meer« und entdecken ihre Umgebung. Unsicher gebundene Kinder sind ängstlich, verhalten sich klammernd und tun sich mit zeitweisen Trennungen besonders schwer. Die Aufdeckung dieser Zusammenhänge erfolgte durch einige Wissenschaftler, welche die sogenannte Bindungsforschung begründeten. Dass die sichere, das heißt die für das Kind verlässliche Bindung zu seinen Eltern nicht etwa ein Widerspruch zur Entwicklung von Autonomie, sondern die Voraussetzung dafür ist, dass die Jungen sich ablösen können, zeigten bereits die Experimente des Affenforschers Harry Harlow. Affenjunge, die keine beschützende Mutter an ihrer Seite hatten, verhielten sich ängstlich und klammernd. Die überragende Bedeutung einer sicheren Bindung des Kindes zu einer oder zu mehreren Bezugspersonen machten dann unter anderen die britischen Wissenschaftler John Bowlby und Mary Ainsworth deutlich. Bedeutende Bindungsforscher in Deutschland waren beziehungsweise sind Karin und Klaus Grossmann sowie Karl-Heinz Brisch. Zwischen einer vom Kind als sicher erlebten frühen Bindung und seiner Fähigkeit und seinem Mut, Autonomie zu entwickeln, besteht also ein dialektisches Verhältnis. Ein solcher dialektischer Zusammenhang liegt übrigens auch der dem Menschen eigenen, ungeheuren Kreativität zugrunde: Der Mensch verdankt sie dem Zwei-Perspektiven-Selbst, dessen Fundamente in den ersten achtzehn Lebensmonaten gelegt werden. Kreativ sein kann nur, wer ein Problem oder ein Objekt aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten vermag. Die Fähigkeit des Menschen, die Welt immer auch durch die Augen der anderen zu sehen, ist einer der Gründe für

Beschreibung für Leser

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