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Christopher Clark

Von Zeit und Macht

Herrschaft und Geschichtsbild vom Großen Kurfürsten bis zu den Nationalsozialisten

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Produktdetails

Verlag
Deutsche Verlags-Anstalt
Erschienen
2018
Sprache
Deutsch
Seiten
320
Infos
320 Seiten
ISBN
978-3-641-23163-7

Kurztext / Annotation

Worauf gründen sich Macht und Herrschaft?
Wie entsteht Macht? Wie wird sie begründet und erhalten? Und in welchem Verhältnis stehen Macht und Zeit? Dies sind die großen Fragen, denen sich Christopher Clark hier widmet.

Wer Macht hat, verortet sich in der Zeit. ?Er begreift sich als Teil der Geschichte und schafft damit das Geschichtsbild seiner Epoche. Vier solcher Geschichtsbilder betrachtet dieses Buch: das des Großen Kurfürsten von Brandenburg, Friedrichs II. von Preußen, Bismarcks und der Nationalsozialisten.

Geschrieben während der Brexit-Ereignisse, Trumps Präsidentschaft und Putins vierter Amtszeit ist dieses Buch nicht nur ein großes Geschichtswerk, sondern lehrt uns auch viel über unsere eigene Epoche und deren Strukturen von Selbstlegitimation, Machtverständnis und Machterhalt.

Christopher Clark, geboren 1960, lehrt als Professor für Neuere Europäische Geschichte am St. Catharine's College in Cambridge. Sein Forschungsschwerpunkt ist die Geschichte Preußens. Er ist Autor einer Biographie Wilhelms II., des letzten deutschen Kaisers. Für sein Buch »Preußen« erhielt er 2007 den renommierten Wolfson History Prize sowie 2010 als erster nicht-deutschsprachiger Historiker den Preis des Historischen Kollegs. Sein epochales Buch über den Ersten Weltkrieg, »Die Schlafwandler« (2013), führte wochenlang die deutsche Sachbuch-Bestseller-Liste an und war ein internationaler Bucherfolg. 2018 erschien von ihm der vielbeachtete Bestseller »Von Zeit und Macht« und 2020 folgte das von der Kritik gefeierte »Gefangene der Zeit«. Einem breiten Fernsehpublikum wurde Christopher Clark bekannt als Moderator der mehrteiligen ZDF-Doku-Reihen »Deutschland-Saga«, »Europa-Saga« und »Welten-Saga«. 2022 wurde ihm der Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten verliehen.

Textauszug

EINLEITUNG

Wie die Schwerkraft das Licht, so beugt die Macht die Zeit. Dieses Buch zeigt, was geschieht, wenn zeitliches Bewusstsein durch die Linse der Macht betrachtet wird. Es befasst sich mit den Formen der Geschichtlichkeit, welche die Machthaber sich aneigneten und ihrerseits artikulierten. Mit Geschichtlichkeit oder »Historizität« meine ich keineswegs eine Lehre oder Theorie über den Sinn der Geschichtsschreibung, geschweige denn eine bestimmte Schule der historiographischen Praxis. Vielmehr benutze ich den Begriff in der von François Hartog beschriebenen Bedeutung, um eine Reihe von Annahmen zum Verhältnis von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft untereinander zu bezeichnen.1 Diese Annahmen können explizit in sprachlicher Form zum Ausdruck kommen, sie können sich aber auch über kulturelle Entscheidungen, öffentliche Rituale oder über die Verwendung von bestimmten Argumenten oder Metaphern und anderen bildlichen Sprachmitteln äußern, die eine »zeitbezogene Wahrnehmungsstruktur« implizieren, ohne sich offen temporaler Kategorien zu bedienen.2 Sie können implizit in den Argumenten enthalten sein, die vorgebracht werden, um politisches Handeln zu rechtfertigen oder zu kritisieren.3 Welche Formen sie auch annehmen, die für Kulturen oder Herrschaftsformen charakteristischen Geschichtlichkeiten werden durch »die Konstitution temporaler Modalitäten und die Selektion dessen [bestimmt], was in ihnen relevant ist«.4 Daraus folgt, dass die Konfiguration dieser Beziehung wiederum ein bestimmtes Zeitgefühl vermittelt, das eine intuitiv erfasste Form oder Beschaffenheit der Zeit, eine »Zeitlandschaft« besitzt. Wie diese aussieht, hängt davon ab, welche Teile der Vergangenheit als nahe und eng mit der Gegenwart verbunden empfunden und welche als fremd und fern wahrgenommen werden.5

Die vorliegende Studie nimmt vier Momente in den Blick. Sie beginnt mit dem Streit zwischen Friedrich Wilhelm von Brandenburg-Preußen (1620-1688), dem Großen Kurfürsten, und seinen Landständen nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges. Dabei wird gefragt, inwiefern diese Zwistigkeiten mit absolut entgegengesetzten Zeitlichkeiten zu tun hatten; ferner wird deren Einfluss auf die im Entstehen begriffene Geschichtsschreibung Brandenburg-Preußens zurückverfolgt. Die Herrschaft des Kurfürsten war, so meine These, davon gekennzeichnet, dass die Gegenwart als prekäre Schwelle zwischen einer durch katastrophale Gewalt verheerten Vergangenheit und einer ungewissen Zukunft empfunden wurde. Ein Hauptanliegen des Souveräns galt dabei der Befreiung des Staates aus der vielfachen Verstrickung mit der Tradition, um frei unter den verschiedenen Optionen für die Zukunft wählen zu können.

Das zweite Kapitel widmet sich den historischen Schriften Friedrichs II., des einzigen preußischen Monarchen, der eine Geschichte seiner eigenen Ländereien schrieb. Demnach nahm dieser König ganz bewusst Abstand von der konfliktbeladenen Sichtweise des Staates, die am Hof seines Urgroßvaters, des Großen Kurfürsten, gepflegt worden war. Und in eben dieser Distanzierung zeigten sich sowohl die veränderte Konstellation der gesellschaftlichen Macht, auf die sich der preußische Thron stützte, als auch das idiosynkratische Verständnis Friedrichs von seinem eigenen Platz in der Geschichte. Anstelle der nach vorne orientierten Geschichtlichkeit des Großen Kurfürsten erkannte Friedrich, so meine These, nach dem Westfälischen Frieden einen Stillstand oder eine Stasis. Damit machte er sich eine neoklassische Zeitlichkeit des Status quo zu eigen, in der Motive der Zeitlosigkeit und der zyklischen Wiederholung vorherrschten und der Staat nicht mehr Motor des historischen Wandels, sondern eine historisch unspezifische Tatsache und logische Notwendigkeit war.

Das dritte Kapitel untersucht die Geschichtlichkeit Bismarcks, wie sie sich in seinen pol

Beschreibung für Leser

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