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Wahrheit in VielfaltOverlay E-Book Reader
Perry Schmidt-Leukel

Wahrheit in Vielfalt

Vom religiösen Pluralismus zur interreligiösen Theologie

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Produktdetails

Verlag
Gütersloher Verlagshaus
Orbis Books, Maryknoll, New York
Erschienen
2019
Sprache
Deutsch
Seiten
416
Infos
416 Seiten
ISBN
978-3-641-23245-0

Kurztext / Annotation

»Dieses Buch ist der bisher wichtigste Beitrag, der aus den Debatten der letzten Jahrzehnte in der Theologie der Religionen und der Komparativen Theologie hervorgegangen ist.« (Alan Race)
Religionen erheben Anspruch auf Wahrheit und definieren Identität. Aber wie erklären sie die religiöse Vielfalt? Und wie gehen sie mit ihr um? Müssen sie nicht mit dem Gedanken Ernst machen, dass Wahrheit in Vielfalt besteht?
Dieses Buch zeigt, dass alle großen religiösen Traditionen zu einem solchen Umdenken in der Lage sind, ja, dass dieses bereits begonnen hat. Es entsteht ein neues Verständnis von Theologie: als eine gemeinsame, interreligiös durchzuführende Aufgabe, bei der alle einander ebenso bereichern wie herausfordern.



Perry Schmidt-Leukel ist Professor für Religionswissenschaft und Interkulturelle Theologie an der Universität Münster und Vorstand des dortigen 'Seminars für Religionswissenschaft und Interkulturelle Theologie'. Verfasser und Herausgeber zahlreicher Werke zur Fundamentaltheologie, zur Theologie der Religionen und zum interreligiösen Dialog. 2015 hielt er als erster Deutscher seit fünfundzwanzig Jahren die international renommierten Gifford Lectures und zählt zu den weltweit renommiertesten Vordenkern im Feld der Religionsbegegnung.

Textauszug

2 PLURALISTISCHE AUFBRÜCHE IM CHRISTENTUM

DAS ENTSTEHEN DER PLURALISTISCHEN OPTION

Eine ausformulierte Religionstheologie finden wir in den Texten der Bibel nicht, wohl aber eine Reihe verschiedener Verse, die sich zur Untermauerung jeder der drei möglichen Optionen (Exklusivismus, Inklusivismus und Pluralismus) heranziehen lassen und auch tatsächlich in diesem Sinn zitiert werden.1 Christliche Exklusivisten beziehen sich oft auf Verse wie »Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich« (Joh 14,6) und »Es ist uns Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, durch den wir gerettet werden sollen« (Apg 4,12). Aber es gibt auch Verse, die eher eine inklusivistische Option unterstützen, wie zum Beispiel, dass Gott sich unter den Völkern »nicht unbezeugt gelassen hat« (Apg 14,17) und dass ihm »in jedem Volk willkommen ist, wer ihn fürchtet und tut, was Recht ist« (Apg 10,35). Ein christlicher Pluralist kann auf Stellen wie Amos 9,7 verweisen, wo es heißt, dass Gott nicht nur Israel aus Ägypten befreit hat, sondern auch »die Philister aus Kaftor und die Aramäer aus Kir«. Oder man könnte sich auf 1 Joh 4,7 beziehen, wo unterschiedslos gesagt wird: »[...] jeder, der liebt, stammt von Gott und erkennt Gott«. Die Bibel befürwortet weder explizit noch implizit eine bestimmte Option der Religionstheologie, sondern ist offen für verschiedene Auslegungen. Was noch wichtiger ist: Sie befasst sich nicht mit anderen großen religiösen Traditionen, weder mit dem Hinduismus oder Buddhismus, noch mit dem Konfuzianismus oder Daoismus, die den biblischen Autoren allesamt unbekannt waren. Und natürlich sagt die Bibel auch nichts zum Islam, der ja erst viel später entstand. Eine angemessene Religionstheologie kann jedoch nur bei einem vertieften Wissen und Verständnis der anderen Religionen entwickelt werden. Das Judentum ist die einzige bis heute existierende Religion, die in der Bibel eine herausragende Rolle spielt. Aber es war keine »andere Religion«. Der biblische Diskurs, auch im Neuen Testament, ist ein innerjüdischer Diskurs.

In der Zeit der Kirchenväter änderte sich das bis zu einem gewissen Grad. Verschiedene Kirchenväter neigten damals zu einer inklusivistischen Sicht und fanden in anderen Religionen »Samenkörner des Logos«, das heißt, göttliche Offenbarung in rudimentärer Form, während sie Jesus Christus als die einzigartige und volle Verkörperung des Logos verstanden. Andere wiederum tendierten zu einer immer strenger werdenden exklusivistischen Position, die sich ab dem vierten Jahrhundert zur vorherrschenden Haltung christlicher Theologie entwickelte. Den Begriff von »Religionen« im modernen Sinn gab es zunächst jedoch noch nicht. Jene Religionen, die wir heute als die klassischen griechischen und römischen Religionen bezeichnen, wurden von christlichen Theologen als »Heiden« (pagani) wahrgenommen. Unter massivem christlichem Druck verschwanden sie schließlich aus dem Römischen Reich. Juden wurden ebenfalls nicht als Angehörige einer anderen Religion betrachtet, sondern als das Volk des Alten Bundes, das den Neuen Bund mutwillig abgelehnt und so göttlichen Zorn und Strafe auf sich gezogen hatte. Als der Islam aufkam, verstand man auch diesen zunächst nicht als eine andere Religion, sondern als eine von einem falschen Propheten aufgebrachte christliche Irrlehre. Daher richtete sich die exklusivistische Maxime »Außerhalb der Kirche kein Heil« nicht gegen »andere Religionen«, sondern, wie es die Standardformel besagt, gegen die drei Gruppen der Heiden, Juden und »falschen Christen«.2 Die letzte Gruppe war alles andere als klein: »Das Römische Reich hat mehr Christen nach der Bekehrung Konstantins verfolgt als vorher.«3

Sucht man nach frühen Zeichen theologischer Bewegung in Richtung einer pluralistis

Beschreibung für Leser

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