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Produktdetails

Verlag
Karl Blessing Verlag
Erschienen
2019
Sprache
Deutsch
Seiten
224
Infos
224 Seiten
ISBN
978-3-641-23876-6

Kurztext / Annotation

Kinder sind kein Thema für Andrea. Sie hat einen Job, der okay ist. Sie führt seit vielen Jahren eine Beziehung mit Georg, die okay ist. Andrea will sich nicht festlegen, Georg will ein Fundament für ein gemeinsames Leben - ein Dilemma. Als sie aus dem jährlichen Urlaub in Jesolo zurückkommen, ändert sich alles - Andrea ist schwanger. Hin- und hergerissen entscheidet sie sich für das Kind - und geht damit einen Kompromiss nach dem anderen ein: Sie nimmt einen Kredit auf, obwohl sie nie Schulden haben wollte; sie zieht ins Haus ihrer Schwiegereltern, obwohl sie nie mit ihnen zusammenleben wollte. Von allen Seiten prasseln Ratschläge auf Andrea nieder, und sie wird in eine Mutterrolle gedrängt, mit der sie sich nicht identifizieren kann.

Tanja Raich wurde 1986 in Meran geboren und hat Germanistik und Geschichte studiert. Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften (Kolik, Lichtungen, Die Rampe u.a.) und Anthologien. Verschiedene Preise und Stipendien, u.a. 2. Platz beim Münchner Kurzgeschichtenwettbewerb 2015, Finalistin beim 20. MDR-Literaturwettbewerb, Rom-Stipendium des Bundeskanzleramtes Österreich, Exil-Literaturpreis 2014. Tanja Raich lebt in Wien. Jesolo ist ihr erster Roman. Er war für den Österreichischen Buchpreis in der Kategorie Debüt nominiert.

Textauszug

1

Unser Hotel. In Quer- und in Hochformat. Unsere Dusche. Unser Bett. Unser Strand. Sonnenschirme. Eine Kokosnuss. Mein Hintern. Georg, was hast du alles fotografiert?

Ich habe sogar ein Video von dir gemacht, rufst du aus der Küche.

Lukas und Marlene lachen. Ich erzähle also weiter, während auf dem Bildschirm Fotos von unserem Essen zu sehen sind: Spaghetti mit Vongole, eine Pizza Diavola. Ich wechsle schnell von einem zum nächsten Bild. Wir auf dem Tandem. Du mit einem Eisbecher. Du eingegraben im Sand. Ich auf der Luftmatratze. Die Aussicht vom Balkon auf den Strand. Dein rotes Gesicht. Du mit dem Bademeister und einem Rettungsring im Arm.

Georg hatte wieder einmal Sonnenbrand, sage ich. Wie ein trotziges Kind ist er im Zimmer gelegen.

Erzähl keinen Blödsinn, rufst du aus der Küche.

Beim Radverleih hat er sich mit einem Einheimischen angelegt und gesagt, Berlusconi wäre die bessere Wahl gewesen. Der hat uns ganz böse angeschaut, als wir gefahren sind. Und in der Pizzeria hat er sich aufgespielt, als wäre er einer von dort. Ich übertreibe an manchen Stellen, spitze die Geschichten noch ein wenig zu.

Was bist du nur für ein Tourist, ruft Marlene.

Während wir über dich lachen, höre ich es aus der Küche klappern. Du ärgerst dich wahrscheinlich über mich. Später wirst du wieder sagen, dass ich mich immer über dich lustig mache und die anderen auf deine Kosten amüsiere.

Schatz, rufst du aus der Küche, hilf mir mal. Dein Gesicht hat sich verfinstert, deine Stirn sich in Falten gelegt. Hör endlich auf, mich schlechtzumachen.

Was kann ich dafür, wenn du die Wahrheit nicht verträgst.

Die Wahrheit? Ich möchte dich mal sehen, wie du reagierst, wenn ich mit deinen Freunden in der Küche sitze und mich über dich lustig mache, während du für uns kochst. Aber du verstehst es einfach nicht. Nimm die zwei Teller, den Rest nehme ich.

Ich trage die Teller nach draußen. Du hinter mir. Ich setze ein Lächeln auf.

Lasst es euch schmecken, sage ich.

Du könntest auch mal für mich kochen, sagt Marlene.

Du kochst ja auch nie für mich, sagt Lukas.

Marlene verdreht die Augen, beugt sich über den Fisch und atmet tief ein. Das riecht fantastisch. Wirst du immer so verwöhnt? Du hast ja Glück.

Das hab ich.

Ihr solltet ein Restaurant aufmachen, sagt Marlene.

Und was mache ich?

Du bist die Chefin, sagt Lukas. Du musst überhaupt nichts machen. Kommandieren und organisieren, das kannst du doch.

Ich nehme den Salzstreuer und die Pfeffermühle, würze den Fisch nach, weil ich weiß, dass du das nicht ausstehen kannst.

Du legst dein Besteck auf die Seite und schaust mich an, aber ich ignoriere dich. Du ruinierst ihn, sagst du. Ich nehme mein Weinglas in die Hand, sage, auf uns, und lächle dich an.

Wir übertrumpfen uns mit Geschichten, die jetzt lustig sind, aber im Urlaub selbst nicht zum Lachen waren. Ich erzähle jedes Detail, wiederhole mich und ziehe das Gespräch in die Länge, denn sobald wir das Thema wechseln, sprechen wir nur mehr über Bausparverträge. Wohnbauförderung. Häuser. Eigentumswohnungen. Kredite und Leasing.

Während wir reden und lachen, legt Lukas seinen Arm um Marlene, sie schmiegt ihren Kopf an seinen Oberkörper. Auch du legst deinen Arm um mich, dein Zorn ist wieder verflogen, und ich lehne den Kopf an deine Brust. Wir sitzen uns schräg gegenüber. Fast sind die beiden ein Spiegelbild unserer selbst. Aber sie wirken irgendwie unbeschwerter, liebevoller miteinander. Und wir zwei wie die Fassade eines glücklichen Paares.

Seid ihr immer im selben Hotel, fragt Marlene.

Ja, sage ich, warum nicht. Ihre Stimme hat diesen Unterton, der eigentlich meint: Wie kann man nur. Ständig vergleichen sie und sagen, dass das Meer in der Toscana viel schöner ist, die Landschaft, die Pinienwälder. Dass die Strände von Jesolo mit denen von Bali nicht vergleichbar s

Beschreibung für Leser

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