0 0,00*
Im Zweifel linksOverlay E-Book Reader
Jakob Augstein

Im Zweifel links

Vom aufhaltsamen Untergang des Abendlands - Ein SPIEGEL-Buch

EPUB sofort downloaden
Downloads sind nur in Italien möglich!


Produktdetails

Verlag
Deutsche Verlags-Anstalt
Erschienen
2019
Sprache
Deutsch
Seiten
304
Infos
304 Seiten
ISBN
978-3-641-23948-0

Kurztext / Annotation

Jakob Augsteins Kult-Kolumnen - jetzt endlich als Buch!
Jakob Augstein gehört zu den meistgelesenen und einflussreichsten Journalisten der Gegenwart. Unter dem Motto »Im Zweifel links« hat er in seinen Kolumnen auf SPIEGEL ONLINE beinahe ein Jahrzehnt lang eine Chronik unserer Zeit verfasst. Es war eine Epoche, in der sich unsere Gesellschaft drastisch verändert hat: Der Westen und seine Werte sind kompromittiert und geschwächt. Der Sozialstaat steckt in seiner tiefsten Krise. Die dramatische Ungerechtigkeit, mit der Reichtum und Chancen verteilt sind, nimmt immer weiter zu. Die Lüge und das Vorurteil triumphieren über die Vernunft. Jakob Augstein hat für diese Ausgabe seine streitbaren Texte thematisch zusammengestellt und neu kommentiert.

Jakob Augstein, geboren 1967, ist Journalist, Buchautor und Verleger. Nach dem Studium der Politikwissenschaft sowie Germanistik und Theaterwissenschaft war er u.a. für die Süddeutsche Zeitung und die ZEIT tätig. Augstein ist Verleger der Wochenzeitung der Freitag; für sein publizistisches Engagement wurde er 2011 mit dem Bert-Donnepp-Preis ausgezeichnet. Von 2011 an schrieb er acht Jahre lang die regelmäßige Kolumne »Im Zweifel links« für den SPIEGEL und S.P.O.N. Zusammen mit Nikolaus Blome verfasste Jakob Augstein »Links oder rechts? Antworten auf die Fragen der Deutschen« (2016) und »Oben und unten. Abstieg, Armut, Ausländer - was Deutschland spaltet« (2019).

Textauszug

Vorwort

Der Diplomat, Dichter und Widerstandskämpfer Stéphane Hessel hat in seinem wichtigen Essay »Empört Euch!« geschrieben: »Ich wünsche jedem Einzelnen von Ihnen einen Grund zur Empörung. Das ist sehr wertvoll. Wenn etwas Sie empört, wie mich die Nazis empört haben, werden Sie kämpferisch, stark und engagiert.«

Man liest das und denkt gleich: Das ist ein sehr schöner Satz! Ja, Empörung muss sein! Es gibt genug Grund zur Empörung. Und tatsächlich gibt es auch jede Menge Empörung im Land. Es herrscht an Empörung gar kein Mangel. Wir sind eine empörte Republik. Das Netz, das inzwischen abbildet, was man die öffentliche Meinung nennt, ist voll von Empörung. Da haben alle recht. Keiner hört dem anderen zu. Und es geht immer um alles. Da wächst der Hass, und die Wut wächst auch.

Und währenddessen arbeitet »das System« im Verborgenen einfach weiter: Die Reichen werden reicher, die Mächtigen sichern ihre Macht, und an der Klimakatastrophe ändert sich auch nichts. Wer bei dem Begriff »das System« ins Stutzen kommt, der muss erst einmal erklären, was sonst die deliberative Demokratie an zentralen Herausforderungen scheitern lässt. Oder sind die Gerechtigkeit und das Klima keine zentralen Herausforderungen? Das ist das Theodizee-Problem der Moderne: Wie können wir sagen, die parlamentarische Demokratie sei die letzte Antwort, wenn wir gleichzeitig sehen, welche Ungerechtigkeiten im Rahmen dieser Demokratie möglich sind?

Alle Empörung ändert nichts daran, dass »das System« die Demokratie überwölbt, sie einhüllt, sie durchwirkt.. Im Gegenteil: Die allgemeine Empörung lenkt die Leute einerseits ab von dem, was notwendig wäre - eine andere Politik. Und andererseits sorgt sie auf Dauer dafür, dass die Institutionen, die man für die Reform des »Systems« bräuchte, destabilisiert werden. Dadurch stabilisiert die Empörung »das System«.

Das ist eine schwierige, zirkuläre Erkenntnis, und sie ist es für den Kolumnisten in besonderem Maße. Denn für den Kolumnisten ist Empörung beinahe eine notwendige Arbeitsbedingung. Aber was, wenn selbst die Empörung, die sich in einer Kolumne unter dem Titel »Im Zweifel links« niederschlägt, am Ende nur »das System« stabilisiert?

Meine erste Kolumne auf SPIEGEL ONLINE - und ich wechsle jetzt in die erste Person, was ich in Artikeln beinahe nie tue - erschien im Januar 2011 und beschäftigte sich tatsächlich mit diesem Essay von Stéphane Hessel. Das ist noch keine zehn Jahre her und doch eine Ewigkeit. Man hat das damals noch nicht gleich gemerkt, aber im Nachhinein wird deutlich, dass sich genau zu dieser Zeit das Wesen der öffentlichen Debatte zu ändern begann. Inzwischen ist der Wandel offenkundig. Die Kolumnen, die Mathias Müller von Blumencron und Jan Fleischhauer damals für SPIEGEL ONLINE erfanden, darunter auch meine eigene, haben diesen Wandel nicht bewirkt, sie waren eines seiner Symptome.

Kolumnen dürfen persönlich sein, unfair, hart, riskant. Sie sind ein Spiel mit den heiklen und den verbotenen Seiten des Journalismus: mit Meinungen und Übertreibungen, mit dem Populismus, manchmal mit der Propaganda, immer mit der Satire. Ich habe als Kolumnist meine Erfahrungen mit diesen heiklen Seiten gemacht. Kolumnen sind das passende Medium einer rauer gewordenen Debattenlandschaft.

Wer allerdings den einzigen Zweck des Journalismus im sprichwörtlichen »Sagen, was ist« sieht, wird Kolumnen gar nicht für Journalismus halten. Denn das ist nicht ihre wichtigste Aufgabe. Kolumnen nehmen sich die Freiheit, auch das zu sagen, was hätte sein können, was auf keinen Fall sein darf, und vor allem das, was sein soll. Es ist vielleicht darum kein Zufall, dass der bekannteste Journalist unseres frühen 21. Jahrhunderts gar kein Journalist ist, sondern Ökonom und Kolumnist: Paul Krugman von der New York Times.

Andererseits sieht man daran aber auch: Ohne das richtige

Beschreibung für Leser

Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet