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Ich umarme den Tod mit meinem LebenOverlay E-Book Reader
Marianne Sägebrecht

Ich umarme den Tod mit meinem Leben

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Produktdetails

Verlag
Gütersloher Verlagshaus
Erschienen
2019
Sprache
Deutsch
Seiten
192
Infos
192 Seiten
ISBN
978-3-641-24422-4

Kurztext / Annotation

Die Schauspielerin Marianne Sägebrecht liebt das Leben in all seinen Facetten, begeistert sich leidenschaftlich für andere Menschen, für Geschichten und die großen und kleinen Fragen des Lebens. Eigenwillig, unbestechlich und bodenständig schildert sie in ihrem neuen Buch ihre eigene Sicht auf die Dinge. Mit ihren feinsinnigen Beschreibungen kommt sie den Leserinnen und Lesern ganz nah und verzaubert sie durch ihre besondere Wahrnehmung in einer eigenen Sprache voller poetischer Farben.
Es ist ihr persönlichstes und wichtigstes Buch, erwachsen aus den Erfahrungen in der Sterbebegleitung als junges Mädchen und ihrem langjährigen Engagement in der Hospizbewegung. Unerschütterlich vertritt sie ihren Glauben an Gott, an die Unsterblichkeit der Seelen, an das Gute im Menschen und an die Kraft der Liebe. Und ermutigt, das Sterben wieder ins Leben zu holen.



Marianne Sägebrecht, geboren 1945, ist eine erfolgreiche Autorin und Schauspielerin. Nach einer Ausbildung zur Medizinisch-technischen Assistentin führte sie zwei Künstlerkneipen in Starnberg und München. Sie schaffte als eine der wenigen deutschen Charakterdarstellerinnen den Sprung nach Hollywood und wurde u.a. mit dem Schwabinger Kunstpreis, dem Ernst-Lubitsch-Preis, dem Bundesfilmpreis, dem Bambi und dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet. Seit vielen Jahren engagiert sie sich in der Hospizbewegung und begeistert ihr Publikum mit einfühlsamen Lesungen u.a. mit dem Programm 'Lieder und Gedichte vom Sterben fürs Leben'. Marianne Sägebrecht hat eine Tochter und lebt in einem Dorf am Starnberger See.

Textauszug

KAPITEL 1

Kind der Stunde Null

(Abb.: © Yolande Paulette Beck)

Alle Wege

führen zu dir

Yolande Paulette Beck

Einem befreienden Schrei, der sich zu einer besorgten Zimmerdecke empor rankt, folgen gurrende Schmerzensschreie einer neuerkorenen Mutter, die urplötzlich vom ersten Schrei einer gelandeten Weltenbürgerin übertönt werden.

Die Hebamme Annegreth notiert sich gerade ins Stundenbuch den 27. August 1945, Zeit der Ankunft: 3:10 Uhr, Ort des Geschehens: Domizil der Hebamme, Possenhofenerstraße, Starnberg, Geschlecht: weiblich. Das war in dieser Woche nach zwei Knaben schon das dritte Wesen, ein wohlgeformtes weibliches Geschöpf, das sich nach den unsäglichen Verlusten von Menschenkindern im blutigen, bombenverhagelten Dunstkreis des in seinen Ausmaßen unvorstellbaren Zweiten Weltenkrieges auf den Weg in die irdische Arena des Weltenrunds aufgemacht hatte. Ja, die biologische Mama war, als es nach nicht enden wollenden fünf Jahren im November 1944 langsam dem Kriegsende zuging, mehr als fleißig im Einsatz, denn all diese Neugeborenen wurden ja in diesem tristen November-Monat von den vielen heimkehrenden Soldaten gezeugt. Das sind die im Sommer geborenen sonnengeküssten, hochenergetischen Wesen, die für eine Wiedererstehung einer in sich zusammengebrochenen Gesellschaft von großen Nöten sind, sinniert die altgediente Hebamme mit einem verschmitzten Lächeln in sich hinein.

Und wenn sie sich nun schön langsam auch mal wieder um mich und meine erschöpfte Mutter Agnes kümmern würde, auf deren großem Bauch ich immer noch blutverschmiert mit meinem Bäuchlein nach unten liege, wäre uns sehr geholfen. Mit »Wir warten jetzt noch auf die Nachgeburt, Agnes, das kann aber noch ein paar Stunden dauern« hat sich Annegreth, deren schöner Name schon während der schweren Presswehen, eingepfercht im Geburtskanal, in meine kleinen Wuzzi-Ohren drang, mir vorgestellt. »Annegreth, mein Popo ist am Erfrieren«, mosere ich jetzt, so kräftig ich nur kann. So habe ich mir diesen sprachlosen Zustand gleich nach der Geburt nicht vorgestellt! Darüber wurden wir in unserem Seelendelta-Tal nicht in Kenntnis gesetzt. Der wohlbekannte Herzschlag meiner Mutter schickt mir warme Gefühle und tröstende Gedanken. Mein Köpflein liegt seitlich, so kann ich das ersehnte Antlitz meiner Mutter noch nicht dingfest machen. »Hilfe, hilfe, ich friere«, rufe ich in die neue weite irdische Welt hinaus, um dann plötzlich von einem tröstlichen Schläflein übermannt zu werden.

Von zwei kräftigen Händen, die wohl wissen, was sie tun, finde ich mich immer noch nackt, wie Gott mich schuf, und immer noch schlotternd mit einer verlorengegangenen Nabelschnur - »Aua, da tat was weh an meinem jungen Bäuchelein« - in Richtung der schummrigen Deckenleuchte emporgehoben. Die Geburtenstation hatte unsere gewiefte Hebamme übrigens mit Genehmigung der Übergangsregierung der Stadt Starnberg in ihrer 4-Zimmer-Wohnung etablieren dürfen.

»Hui«, mittlerweile hatte ich auch schon den Namen meiner Mutter verinnerlicht, »lass mich sie doch endlich ins Auge fassen«, moserte ich wieder, nun Auge an Auge mit Annegreth. Ein liebevoller Blick aus ihren gütigen blaugrauen Augen umflort meine zierlichen Rundungen, die ich schon leicht fühlen kann. Die Ankunft von Mutters Placenta, meiner Ex-Luxusküche, so die Worte der Hebamme, habe ich wohl verschlafen.

»Aua, mein Nabelstummel brennt ja lichterloh, und ich bin jetzt hungrig nach der langen Reise. Bitte Mama, nimm mich doch an deine Brust«, mosere ich und verziehe mein Näschen, als plötzlich, während meiner Talfahrt auf dem Handteller in Richtung Mutterbrust, ein lebendiger Schwamm aus Annegreths Hand in meinem Gesicht herumspringt, sich blutverschmiert aus dem Staube macht und mir damit urplötzlich den Schleier vom wunderschönen, aber vor Schweiß triefenden Gesicht meiner auserwählten Mutter zieht. Die Brustzitze wird jetzt zum Üben von der Hebamme in mein hungriges

Beschreibung für Leser

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