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Jean-Christophe Rufin

Nichts gesucht. Alles gefunden.

Meine Reise auf dem Jakobsweg

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Produktdetails

Verlag
Penguin Verlag
Éditions Guérin, Chamonix 2013
Erschienen
2018
Sprache
Deutsch
Seiten
256
Infos
256 Seiten
ISBN
978-3-641-24563-4

Kurztext / Annotation

Als Jean-Christophe Rufin sich auf den Weg macht nach Santiago de Compostela, ist er weder Pilger noch auf der Suche. Eigentlich will er einfach nur auf dem seit Jahrhunderten und seit Hape Kerkeling bedeutenden Jakobsweg wandern. Doch unterwegs auf den 900 Kilometern des Camino del Norte kann er sich der Alchemie des »ewigen Weges« nicht entziehen.

Jean-Christophe Rufin, geboren 1952, ist Arzt und Schriftsteller, Mitbegründer und ehemaliger Vizepräsident von Ärzte ohne Grenzen und war Staatssekretär im französischen Verteidigungsministerium und beim Roten Kreuz. 2007 wurde er französischer Botschafter im Senegal. Er schrieb zahlreiche sehr erfolgreiche, preisgekrönte Romane. Für Rouge Brésil erhielt er 2001 den Prix Goncourt. Seit 2008 ist er Mitglied der Académie francaise.

Textauszug

Die Liebe auf dem Weg

Wie wählt man seinen Startpunkt? Es gibt zu diesem Gegenstand zwei große Philosophien, die man ganz banal so wiedergeben könnte: Entweder man geht von zu Hause los oder von woanders. Diese Entscheidung ist gewichtiger, als es den Anschein hat, und etliche Pilger haben mir anvertraut, dass sie ihnen schwergefallen ist. Das Ideal - wenn auch nicht meins - liegt offenbar darin, dass man wie der erwähnte Savoyarde aus seinem Haus tritt, Frau und Kinder umarmt, den Hund (der mit dem Schwanz wedelt, weil er mitgenommen zu werden hofft) noch einmal hinter den Ohren krault, das Gartentor hinter sich zuzieht und loswandert.

Wer jedoch diese Möglichkeit nicht hat, weil er zu weit entfernt wohnt oder über zu wenig freie Zeit verfügt, muss seinem Ziel vorab näher rücken, sich so weit wie möglich an die spanische Grenze begeben und die Route so verkürzen, dass sie auf ihn zugeschnitten ist. Er läuft also nicht von zu Hause los - aber von wo dann? Es gibt eine Menge Wege und unzählige mögliche Startpunkte. Die Entscheidung fällt schwer. Sie hängt von einigen objektiven Faktoren ab: Wie viel Zeit hat man? Welche Orte möchte man besichtigen? Welche Reiseführer hat man gekauft? Was haben womöglich die Freunde berichtet? Es kommen aber auch subtilere Faktoren ins Spiel, über die man bisweilen nicht so gern spricht.

Hier kann ich gleich eine Tatsache erwähnen, die der Leser früher oder später ohnehin entdecken wird und die ihn genauso wenig überraschen dürfte, wie sie mich überrascht hat: Der Jakobsweg ist ein Ort der Begegnung, um nicht zu sagen des Anbaggerns. Diese Dimension beeinflusst zahlreiche Pilger, besonders bei der Wahl ihres Startpunktes. Dabei muss man sich immer fragen, welchem Herzensbedürfnis die Pilgerreise entsprungen ist. Denn es gibt auf dem Jakobsweg verschiedene Gangarten des Gefühls.

Die erste ist jene der Frischverliebten, die ihren Seelenverwandten bereits gefunden haben. In diese Kategorie gehören Pärchen, Lebensgefährten, Verlobte. Sie sind oft noch ganz jung: Turteltäubchen mit Nikeschuhen, kerngesund und mit Kopfhörern auf den Ohren. Für sie geht es darum, ihrer Beziehung den letzten Schub zu geben, der sie vor den Traualtar, aufs Standesamt oder doch wenigstens hinter den Kinderwagen führen wird. Der Jakobsweg bietet Gelegenheit für eine zärtliche Annäherung. Sie wandern Hand in Hand am Rande der Fernstraßen entlang, und wenn ein Lastwagen vorbeibraust, rieselt ihnen ein köstlicher Schauer den Rücken hinab und bringt sie noch enger zusammen. Auf dem geheiligten Weg ziehen sie von Kirche zu Kirche, und der Verliebtere von beiden hofft, dass dies dem anderen bestimmte Gedanken eingibt. Abends in den Klöstern vermischen sich dann in den Waschräumen Lachsalven und nackte Haut zu einer fröhlichen Sarabande. Die Mönche, die sich damit auskennen, achten darauf, die Sanitäreinrichtungen nicht nach Geschlechtern zu trennen. Auf den Pritschen wird geflüstert und geturtelt, und weil man nicht so einfach zum Akt übergehen kann, verspricht man einander ewige Liebe und Treue.

Für diese Verliebten ist der Jakobsweg hilfreich, aber sie sollten nicht zu lange auf ihm unterwegs sein. Nach ein paar Tagen könnten bei solchen Paaren, die sich oft in Gruppen zusammenfinden, die Sinne auf Abwege geraten. Der Versprochene gerät in Versuchung, ein anderes Dekolleté als das seiner Anverlobten in Augenschein zu nehmen. Und was die in hartem Kampf eroberte junge Frau angeht, so wird sie womöglich Vergleiche anstellen, aus denen nicht immer der siegreich hervorgeht, der sie bis an diesen Ort geführt hat. Und so beschränken diese Pärchen ihre Anstrengungen auf die Schlusskilometer. Sie legen nur die allerletzten Etappen zurück. Man begegnet ihnen in großer Zahl in Galicien. Wie jene Vögel, die dem Reisenden das nahe Meer anzeigen, sind sie für den Pilger ein Hinweis darauf, dass Santiago de Compostela nicht mehr fern ist.

Ganz anders ve

Beschreibung für Leser

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