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Produktdetails

Verlag
BookRix
Erschienen
2019
Sprache
Deutsch
Seiten
CXXXVIII
Infos
CXXXVIII Seiten
ISBN
978-3-7309-1365-9

Kurztext / Annotation

Da das schlichte Büchlein 'Aus meiner Kindheit' ganz wider mein Erwarten freundliche Aufnahme gefunden hat, möchte ich die vielfach ausgesprochene Bitte um eine Fortsetzung nicht ganz unerfüllt lassen. Da aber meine Jugendzeit sehr ruhig verlief und in ihrer Schilderung Wiederholungen unvermeidlich sein würden, ziehe ich vor, unser Leben in Amerika, schlicht, wie es in meiner Erinnerung lebt, zu schildern.

Textauszug

2. Im gastfreien Hause

Endlich, endlich erreichten wir freiere Gegend; der Kondukteur winkte uns und sprach: "Jefferson avenue and Miami street".

Nun begannen unsere Herzen stark zu klopfen! Wie würde der Empfang sein in Professor Walthers Haus? Wie würde sich seine Frau zu mir stellen? Vornehm und sehr gelehrt stellte ich sie mir vor.

Schön und frei war es ringsum. Breite, mit Bäumen eingefasste Straßen, sehr hübsche, von Gärten umgebene Häuser, und dort stand ja das stattliche Konkardia-College, das wir schon oft im Bilde gesehen; nicht weit davon die schöne, in gotischem Stil gebaute mittelgroße Kirche. Ringsum lagen die Professorenwohnungen; Professor Walthers Häuschen war damals wohl das bescheidenste.

Das hübsche, überaus saubere gekleidete Mädchen, das auf unser Klopfen erschien, rief ganz erfreut:

"O, da sind Sie ja schon! Wir erwarteten Sie erst am Abend. Gleich will ich Herr Professor rufen!" Damit führte sie uns in ein rührend einfaches Wohnstübchen und lief eilig die Treppe hinauf.

Nach wenig Minuten trat ein Mann ein, dessen Bild mir bisher mehr Scheu als Vertrauen eingeflößt hatte.

Jetzt strahlten seine Augen von Liebe und Freude, er breitete die Arme aus und schloss meinen Mann, der vor Erregung weinte, an sein Herz. Es war ein frommes, treues, edles Herz; und die hier geschlossene Freundschaft hielt an bis zum Tode.

Dann reichte er auch mir die Hand und nannte mich eine tapfere Frau, was ich freilich nicht immer gewesen war. Nun rief er zur Tür hinaus:

"Kathrine! Holen Sie schnell meine Frau; sie ist im Nähverein. Und kochen Sie gleich Kaffee!"

Bald kam die liebe Frau mit kurzen, raschen Schritten gelaufen, im grauen Kleid, weißen Schürzchen und sehr bescheidenen schwarzen Spitzenhäubchen.

Wie heimisch klang mir die echt sächsische Sprache, in der sie uns aufs Herzlichste begrüßte:

"Wir geht's auf Staten Island? Was macht Klärchen? Wie verlief die Seereise?"

So waren wir noch denselben Abend daheim in dem Hause, das ich mir so fremd, vornehm und etwas steif vorgestellt hatte.

Wohl sechs Wochen, vielleicht noch länger, genossen wir die Gastfreundschaft dieser herrlichen Menschen.

Mein lieber Mann stürzte sich mit Feuereifer in theologische Studien, besuchte oft die Vorlesungen im College und machte eine Menge interessante Bekanntschaften.

Ich war weniger befriedigt; ja, ich fühlte mich zurückgesetzt und war etwas eifersüchtig auf die ganze Missourisynode.

Bisher hatte mein Mann fast alles, was ihn innerlich bewegte, mit mir besprochen; ja, auf der langen Reise und in der davor liegenden Zeit großer Aufregung hatte er niemand gehabt, dem er sein beschwertes Herz ausschütten konnte als mich.

Hier traf er Männer, die nicht nur ganz eines Sinnes mit ihm waren, sondern ihm eine Fülle geistiger und geistlicher Schätze mitteilen konnten.

Gern hätte ich recht viel vom amerikanischen Haushalt gelernt, doch meinte unsere liebe Wirtin, das werde sich alles von selbst finden; lehren lasse es sich nicht. Immerhin sah ich ihr vieles von den flinken, geschickten Händen ab; nur in die Geheimnisse des Brotbackens ließ sie niemand blicken und war daher nicht unschuldig an den seltsamen Produkten der Backkunst, die ich später als Erstlingsversuche lieferte.

Dagegen nahm sie meine Hilfe beim Nähen gern an und ich durfte die unzähligen Knopflöcher der sechs feinen Herrenhemden machen, die sie eben unter der Hand hatte. Dem Herrn Professor aber war's außerm Spaß, dass ich express übers Meer gekommen sei, um seine Extravaganzen zu frönen. Damit meinte er die große Zahl der Knopflöcher.

Wenn wir so fleißig zusammen saßen, erzählte die liebe, sehr gescheite Frau gern allerlei aus ihrem vielbewegten Leben.

"Vor dem Kriege" und "nach dem Kriege" war ihr stetes Stichwort. Sie meinte, vor dem Kriege habe schlichte Einfachheit, gute Sitte, und in deutschen Häusern auch

Beschreibung für Leser

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