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Anett Gräfe

Abschied ohne Tränen

Wie ich meiner Mutter den letzten Wunsch erfüllte und sie beim Sterben begleitete

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Produktdetails

Verlag
Bastei Lübbe
Erschienen
2015
Sprache
Deutsch
Seiten
368
Infos
ab 16 Jahre
ISBN
978-3-7325-1891-3

Kurztext / Annotation

Was tun, wenn die eigene Mutter sich den Tod wünscht? Anett Gräfe hat genau das erlebt. Ihre Mutter Jana ist 63 Jahre alt, als sie in einen schrecklichen Autounfall verwickelt wird. Ihre Verletzungen sind so schwer, dass sie vom Kopf abwärts gelähmt ans Bett gefesselt ist. Die Ärzte machen ihr wenig Hoffnung auf Besserung. Doch unterstützt von ihrer Tochter kämpft Jana. Tage. Wochen. Monate. Bis sie nicht mehr kann. Sie sagt: 'Ich möchte meinem Leid ein Ende bereiten. Ich möchte sterben.' Anett soll ihr dabei helfen. Aber Sterbehilfe ist in Deutschland nicht erlaubt. Und so treten die beiden eine schicksalhafte Reise in die Schweiz an ...

Textauszug

Kapitel 1

»Soll ich da vorne anhalten?« Ich zeige auf eine Stelle am Straßenrand, ein paar Meter vom Eingangstor des Bahnhofs entfernt, und werfe einen prüfenden Blick in den Rückspiegel. »Da kann ich aber nicht lang stehen bleiben.«

»Kein Problem, wir machen es kurz«, sagt meine Mutter und schnallt sich ab, kaum dass ich den Wagen neben dem Bordstein geparkt habe. Irgendwo in der Ferne hinter uns erklingt ein Martinshorn, das sich rasch zu nähern scheint. Wir müssen uns beeilen.

Ich öffne die Fahrertür und steige aus, bin überrascht, wie kühl es immer noch ist, nur knapp über zwanzig Grad. Viel zu kalt für Ende Juli. Es fühlt sich an wie ein milder Frühlingsnachmittag, dabei sollten wir eigentlich in der Nachmittagshitze schwitzen. »Der heißeste Juli seit mehr als hundertdreißig Jahren« lautet die Schlagzeile des Sommers. Doch nach einigen heftigen Gewittern in den letzten Tagen hat es merklich abgekühlt.

Ich umrunde den kleinen silbernen Ford Fiesta und öffne die Kofferraumklappe, wuchte die schwere Tasche aus dem Wagen und lasse sie auf den Boden fallen.

»Willst du wirklich gleich wieder los?«, wende ich mich an meine Mutter, die ebenfalls ausgestiegen ist und nun neben mir steht. »Oder magst du ...«

Der Rest des Satzes geht im Sirenenton des knallroten großen Feuerwehrwagens unter, der in diesem Moment an uns vorbeisaust. Wie immer, wenn ein Blaulicht in der Nähe aufflammt oder ein Notarztwagen mit großem Getöse vorbeifährt, halten sich meine Mutter und ich instinktiv die Ohren zu. Wir sind beide fürchterlich lärmempfindlich und geben sicher ein merkwürdiges Bild ab, wie wir da neben dem Auto stehen, die Hände auf die Ohren gepresst, die Schultern angestrengt in die Höhe gezogen - wie Erdmännchen in Alarmbereitschaft.

Das Feuerwehrauto biegt an der nächsten Kreuzung links ab und verschwindet aus unserem Blickfeld. Die Unwetter der letzten Tage haben sicher zahlreiche Keller volllaufen lassen; dass es dann von Zeit zu Zeit zu Kurzschlüssen und Kabelbränden kommt, ist ja bekannt.

Meine Mutter dreht sich wieder zu mir und nimmt die Hände von den Ohren. »Was hast du gesagt?«

»Ich wollte wissen, ob du vielleicht doch noch einen Kaffee mit mir trinken gehst, bevor du weiterfährst. Du könntest sicher eine kleine Stärkung vertragen, es liegen ja noch ein paar Kilometer vor dir. Siebenhundert, wenn ich mich nicht verrechnet habe.«

Sie schüttelt den Kopf. »Lieb, dass du fragst, aber ich will schnell weiter. Ich möchte zu Hause sein, bevor es dunkel ist.«

Ich nicke. Mama sieht nachts nicht so gut, daher ist ihre Entscheidung sicher richtig, die Strecke bis Konstanz bei Tageslicht hinter sich zu bringen.

Später wird sie mich fragen, warum ich nicht auf die Pause bestanden hätte. Wenn sie nur eine Viertelstunde später auf die Autobahn gefahren wäre ... wären dies die entscheidenden Minuten gewesen, die die Katastrophe verhindert hätten?

Oder waren es jene, in denen ich das Auto in Dresden noch einmal volltankte?

Ich werde niemals eine Antwort auf diese Fragen bekommen ...

Nachdem ich meine Mutter kurz gedrückt und mich davon überzeugt habe, nichts im Auto vergessen zu haben, was ich in den kommenden zwei Wochen noch brauchen könnte, erkläre ich ihr zum vermutlich siebten Mal den Weg auf die Autobahn.

»Fahr vorsichtig«, sage ich durchs geöffnete Fahrerfenster, als ich die Tasche anhebe.

»Tu ich«, antwortet sie und schnallt sich an.

»Ich melde mich dann bei Oma, damit sie sich keine Sorgen macht.«

Wir sind gemeinsam bei meiner Großmutter in Tschechien gewesen. Sie wohnt im Norden des Landes, am Dreiländereck zu Polen und Deutschland. Von Konstanz am Bodensee, unserem Heimatort, bis dorthin ist es immer eine halbe Weltreise.

Mama und ich fahren einmal im Jahr für ein bis zwei Wochen zu ihr.

Die anderthalb Stunden Rückfahrt von Varnsdorf, dem kleinen Dorf

Beschreibung für Leser

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