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Die Poésie bewegter Bilder: Georges Bataille
Georg Tscholl

Die Poésie bewegter Bilder: Georges Bataille

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Produktdetails

Verlag
Sonderzahl
Erschienen
2018
Sprache
Deutsch
Seiten
400
Infos
400 Seiten
21 cm x 13.5 cm
ISBN
978-3-85449-495-9

Hauptbeschreibung

Georges Bataille hat keine Theorie des Films oder des Kinos verfasst. Seine Schriften aber tragen durch und durch filmische Züge, wenn man diese zu lesen weiß. Georg Tscholl folgt diesen Zugmomenten von Batailles Schreiben so beharrlich wie behutsam, um dessen eigentümliche Funktionsweise auf neuartige Weise entziffern zu können: Das Ergebnis ist ein Essay, der das Filmische als Motor und Desiderat von Batailles Erkenntnisarbeit erfahrbar macht. Der Essay teilt mit Batailles Schreibweise einen paradoxen Ausgangspunkt: Die philosophische Sprache reicht nicht aus, um ihre Einsichten in die fl üchtige Realität zu formulieren. Sie selbst ist vielmehr das Problem, insofern sie die »Gegenstände« ihres Interesses ebenso sehr freilegt, wie sie diese verdeckt. »Es bedarf«, so die Folgerung, »eines anderen Sagens«, »das zu sprechen vermag von dem Ungeraden«, das sich in die »gerade gezogenen Zeilen« der Philosophie nicht einzufügen vermag. Eine Schrift zu entwickeln, die den Mangel des eigenen Sprechens bewusst zu denken gibt, ist ein Strukturmoment der Bataille’schen Linienführung, ihrer Poésie. Und auch Tscholls Essay stellt sich dieser Herausforderung, indem er einen Parcours durch die Schriften Batailles formuliert, der tiefe Einblicke in deren Bewegungsmuster ermöglicht, ohne sie ihrer eigentümlichen Kraft zu berauben.

Textauszug

Er mochte es, sich auszubreiten. Und hinzuschauen. Mit einem phänomenologischen Blick, der hungrig war, und einem alles andere denn unbefangenen Denken. Die ›Schwäche, die der Wissenschaftler überwinden muß‹, seine Sinnlichkeit, ist Batailles Stärke: ›In diametralem Gegensatz dazu habe ich den Akzent auf die Tatsache gelegt – und werde es‹, schreibt er 1938, ›weiterhin tun –, daß die Phänomene, die ich zu beschreiben versuche, von uns erlebt werden.‹ Seine kruden Auslegeordnungen wurden geprägt von einer nachgerade intimen Ästhetik des, zumal kulturell gesehenen, Unsichtbaren: dem Ordinären, manchen Allzualltäglichen – Batailles bas matérialisme, bereits anno 1930. Auf den bewunderten Seiten des Freundes, Maurice Blanchots, hatte er die dazu entwickelte Notwendigkeit eines Verschwindens registriert, das auf Objekte setzt, die erscheinen – bevor sie verschwinden, ›objets apparaissant, qui disparaissent‹. Um im Verschwinden ›anzukommen‹, mithin es zu sein, bedurfte das Verschwinden selbst einer Sichtbarkeit, die so vorübergehend sein würde wie das Leben. Man findet es – verlierend – im Kino, auf Film. Nirgendwo sonst ist die Welt, in der wir leben, im selben Moment jene, in der wir sterben.

Über den AutorIn

Georg Tscholl, geboren 1973 in Zürich, ist Mittelschullehrer für Deutsch und Philosophie in Sargans und Wattwil und Privatdozent der Universität Wien. Er studierte Theaterwissenschaft, Philosophie und Deutsche Philologie. Er leitete den Verlag des Filmarchiv Austria und war Kulturredakteur beim »Liechtensteiner Volksblatt«. Von ihm erschienen sind Krumme Geschäfte (2005), Aufsätze zu Fritz Kortner und Brian de Palma, Heinrich von Kleist, Roger Caillois und Georges Bataille. Gemeinsam mit Armin Loacker hat er Das Gedächtnis des Films (2014) herausgegeben.