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Andreas Nöthen

Bulldozer Bolsonaro

Wie ein Populist Brasilien ruiniert

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Produktdetails

Verlag
Ch. Links Verlag
Erschienen
2020
Sprache
Deutsch
Seiten
240
Infos
240 Seiten
12 s/w-Abbildungen und 1 Karte/Tabelle
ISBN
978-3-86284-482-1

Kurztext / Annotation

2018 wurde der Populist Jair Bolsonaro zum Staatsoberhaupt des größten Landes von Südamerika gewählt. Der frühere Offizier versprach den Brasilianern einen radikalen Neuanfang, die Beseitigung von Korruption und die Bekämpfung der Gewalt. Doch auf Besserung wartet die Bevölkerung bis heute vergeblich. Die soziale Lage verschärft sich weiter, in Amazonien treibt der Präsident den Raubbau an der Natur brachial voran, und rücksichtslos geht er gegen Linke, ethnische Minderheiten und politische Gegner vor. In der Corona-Krise spielte er die Gefahr herunter und verhinderte rechtzeitige Schutzmaßnahmen, um die Wirtschaft nicht zu belasten.
Wer ist dieser Mann, wo kommt er her, und wie konnten seine Parolen bei den Bürgern verfangen? Andreas Nöthen hat den Aufstieg Bolsonaros aus der Nähe miterlebt. Er zeichnet das Porträt eines rechten Populisten, der als vergleichbarer Typ auch andernorts auf der Welt anzutreffen ist.

Jahrgang 1973, Studium der Anglistik und Geographie in Bonn und Manchester, Volontariat und Redakteur bei einem großen Regionalverlag, 2016 bis 2019 Aufenthalt mit seiner Familie in Rio de Janeiro, freiberuflicher Korrespondent für mehr als zwei Dutzend Medien, darunter Nachrichtenagenturen wie die dpa und die österreichische APA, die Wochenzeitung Jüdische Allgemeine und Fachmagazine, Journalist in Frankfurt am Main.

Textauszug

AUS KLEINEN VERHÄLTNISSEN
Die italienischen Wurzeln

Der 4000-Seelen-Ort Anguillara Veneta im norditalienischen Venetien sah sich im Herbst 2018 einer wahren Invasion von Reportern ausgesetzt. Plötzlich war das Örtchen eine Berühmtheit, die Stadt unweit von Padua schien fast nur noch aus Kamerateams zu bestehen. Denn kurz vor der Stichwahl in Brasilien hatten Journalisten herausgefunden, dass die Vorfahren jenes Kandidaten, der nun wahrscheinlich bald der 38. Präsident in der Geschichte des größten Landes Südamerikas sein würde, hier gelebt hatten. Wer also waren die Bolzonaros, die sich hier auch heute noch mit einem z anstelle des s schreiben? Und was hielten sie von ihrem fernen Verwandten?

Die Reporter fanden viele bereitwillige Interviewpartner mit Verwandtschaftsbeziehungen um mehrere Ecken. Viel zu berichten wussten sie allerdings nicht über den entfernten Großcousin oder Großneffen, außer, dass sie schon einmal von ihm gehört hätten und dass sie das, was von seinen Äußerungen zu ihnen gedrungen war, nicht allzu toll fänden.

In einem Kirchenarchiv fanden Journalisten die Geburtsregister von Vittorio Bolzonaro. Dieser Urgroßvater von Jair Bolsonaro war es, der Ende des 19. Jahrhunderts seine Heimat verließ und sich per Schiff nach Brasilien aufmachte. Er war in zahlreicher Gesellschaft. Zwischen 1876 und 1920 brachen allein aus Italien 1 243 633 Menschen nach Südamerika auf. Die größte Gruppe unter ihnen stammte wie Vittorio Bolzonaro aus Venetien, fast 368 000 waren es.

Die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert sah die größte Einwanderungswelle in der Geschichte Brasiliens. Von wirtschaftlicher Not oder gar Hunger geplagt, ließen die Migranten die Heimat zurück auf der Suche nach einer sicheren Existenz für sich und ihre Familien. Die Not hatte im Wesentlichen zwei Gründe. In ganz Europa hatte ein großes Bevölkerungswachstum eingesetzt, und selbst die rasant wachsende Industrie konnte die zuströmenden Arbeitskräfte nicht aufnehmen. Nicht nur Italiener suchten daraufhin ihr Glück im fernen Südamerika, sondern auch Deutsche, Franzosen, Schweizer oder Österreicher.

Und sie alle kamen, weil sie gebraucht und gezielt angeworben wurden. Anders als in der alten Welt mangelte es dem riesigen Land noch immer an Menschen. Sollte der Naturraum Brasilien erschlossen, besiedelt und damit gesichert werden, mussten Menschen her, die dazu bereit waren und am besten das passende Know-how mitbrachten. Wichtigstes Anforderungsprofil war, landwirtschaftlich geschult zu sein.

Denn es galt nicht zuletzt, die Arbeitskräfte zu ersetzen, auf deren Leistung der Wohlstand Brasiliens oder zumindest seiner Eliten zu dieser Zeit noch in erheblichem Maße beruhte: die Sklaven. Das britische Empire, das im 19. Jahrhundert eine ähnliche globale Vormachtstellung genoss wie die USA in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, hatte nämlich wirtschaftlichen Druck auf die Länder Lateinamerikas aufgebaut, die Sklaverei endlich zu beenden. Am Ende war Brasilien das letzte Land Amerikas, das am 13. Mai 1888 mit dem von Prinzessin Isabel unterzeichneten »Goldenen Gesetz« (Lei Áurea) die Sklaverei zumindest auf dem Papier abschaffte.

Italiener waren als Einwanderer begehrt. Sie waren weiß und katholisch, was die Assimilation vereinfachte. Wenn sie dann auch noch ihre Familie mitbrachten, waren sie die idealen Kandidaten.

Eigentlich mochten die brasilianischen Behörden die Deutschen ebenfalls. Doch sie bereiteten auch Sorgen. Fanden sie in größerer Zahl auf engem Raum zueinander, schwand bei ihnen der Integrationswille. Sie konservierten Sprache und Traditionen und lebten teilweise in Parallelgesellschaften. Das sah die Obrigkeit als Bedrohung an. In den 1930er-Jahren ging Präsident Getúlio Vargas sogar so weit, Deutschstämmige zwangsassimilier

Beschreibung für Leser

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