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Produktdetails

Verlag
Kursbuch Kulturstiftung gGmbH
Erschienen
2016
Sprache
Deutsch
Seiten
192
Infos
192 Seiten
ISBN
978-3-946514-03-9

Kurztext / Annotation

Was ist die 'Neue Rechte'? Wie erklärt sich der Erfolg der AfD? Warum bringt die Gleichsetzung von Islam und Faschismus Wählerstimmen? Wie kann Islam-Bashing zu einem lukrativen Geschäft werden? Die Autoren des Kursbuchs 186 begeben sich auf Expedition in die (Un-)Tiefen der rechten Ideologien. Unter einer Ausgrabung versteht der Duden das systematische, wissenschaftliche Ausgraben und Freilegen von Gegenständen. Und genau darum geht es: Die Autoren versuchen in ihren Beiträgen, die tiefen Sedimentschichten rechter Ideologien freizulegen.

Mit Beiträgen von Daniel Bax, Hans Hütt, Armin Nassehi, Rainer Joedecke, Angela Wierig, Liane Bednarz, Barbara Vinken, John Stuart Mill, Peter Felixberger und Jens-Christian Rabe.

Seit 2012 erscheint das Kursbuch unter der Herausgeberschaft von Armin Nassehi und Peter Felixberger.
ARMIN NASSEHI (*1960) ist Soziologieprofessor an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und einer der wichtigsten Public Intellectuals in diesem Land. Im Murmann Verlag veröffentlichte er unter anderem 'Mit dem Taxi durch die Gesellschaft', in der kursbuch.edition erschien 'Gab es 1968? Eine Spurensuche'.
PETER FELIXBERGER (*1960) ist Programmgeschäftsführer der Murmann Publishers. Als Buch- und Medienentwickler ist er immer dort zur Stelle, wo ein Argument ans helle Licht der Aufklärung will. Seine Bücher erschienen bei Hanser, Campus, Passagen und Murmann. Dort auch sein letztes: 'Wie gerecht ist die Gerechtigkeit?'.
Das Kursbuch wurde 1965 von Hans Magnus Enzensberger zusammen mit Karl Markus Michel gegründet. Als einer der wichtigsten kritischen Begleiter der bundesdeutschen Öffentlichkeit setzte die Kulturzeitschrift Themen, die sonst nicht auf der öffentlichen Agenda standen. Demgegenüber gilt es heute, im vorhandenen Themendickicht neue Schneisen zu schlagen und überraschende und ungewohnte Verbindungen herzustellen. Unter der Herausgeberschaft von Peter Felixberger und Armin Nassehi bietet das Kursbuch solche neuen unerwarteten Perspektiven an. Nicht die großen Unterschiede werden diskutiert, sondern das, was einen Unterschied macht.

Textauszug

Peter Felixberger
Rechts! Zwo! Drei! Vier!

Ein deutsches Drehbuch

Eingangsblende

Der deutsche Sozialstaat gerät in Gefahr. Flüchtlinge und Migranten aus anderen Kulturen und Ländern bilden die neue Konkurrenz um staatliche Versorgungsleistungen. Dadurch drohe die Fürsorge für deutsche Bedürftige - Rentner und Hartz-IV-Empfänger - in Gefahr zu geraten. Politiker und Medien beginnen, die jeweiligen Gerechtigkeitskonstruktionen als Reflexe und reflexive Zustimmungsräume in Stellung zu bringen. In den Turbulenzen bilden sich stabile bis paradoxe Meinungskoalitionen. Rechts taucht auf, wo gerade noch links stand. Und links mäandert ins Delta des Unübersichtlichen.

Akteure

Wirtschaftsminister

Bundeskanzlerin

Früherer Minister mit sozialem Gewissen

Kronprinz einer regionalen Regierungspartei

Großsoziologe

Politiker und Funktionäre

Publizisten und Vordenker

Linke Rechtsnationalisten

Rechte Linksnationalisten

Volk

Startimpulse

In Zeiten sinkender Wählerzustimmung tritt der Wirtschaftsminister auf und zündelt: »In die Gesellschaft hat sich ein Satz gefressen: 'Für die Flüchtlinge macht ihr alles, für uns macht ihr nichts.'« Das Spiel der Reflexe kann beginnen. »Ein Wohlfahrtschauvinist«, ruft ein Politikwissenschaftler unmittelbar retour und bezieht sich auf die Denkfigur, wonach gesellschaftliche Homogenität die Voraussetzung für einen gelingenden Sozialstaat ist. Und eine junge Journalistin einer großen deutschen Sonntagszeitung reagiert ebenso zügig: »Um gesellschaftliche Unruhe zu vermeiden, muss man den Einheimischen nach dieser Logik in Zeiten hoher Einwanderung ausdrücklich zusichern, dass ihnen durch die Neuankömmlinge kein Nachteil entsteht.« Das Volk bezieht Stellung. Der »kleine Mann« reklamiert sozialstaatliche Versorgung und will keine Konkurrenten neben sich haben. Der Sozialstaat soll seine Pforten nur für die Richtigen öffnen. Ein deutscher Rentner dürfe vom Staat schließlich nicht weniger bekommen, als ein jugendlicher Flüchtling den Staat koste - meint der Kronprinz einer Landesregierung im Süden des Landes.

Tiefenbohrung

Der Sozialstaat wird als Spielwiese oberflächlicher Reflexe und Reiz-Reaktions-Muster benutzt und instrumentalisiert. Anhänger und Gegner rotten sich im Gefühl der Meinungshoheit jeweils zusammen. Es bedarf deshalb einer tiefer gehenden Betrachtung, um diese kurzatmig öffentlich inszenierte Oberflächenspannung besser zu verstehen und die darunter liegenden Gesteinsschichten zu erkennen.

Wir richten den Blick deshalb zunächst zurück in die Zeit vor 150 Jahren. Als nämlich der Sozial- oder Wohlfahrtsstaat sich im Gefolge der ersten Phase der Industrialisierung in Deutschland herausgebildet hat. Dabei hat sich ein paternalistisches Staatsverständnis verfestigt, demzufolge einerseits der Staat Souverän und Fürsorger seiner Bürger ist, andererseits der Bürger als ein mit Teilhaberechten ausgestattetes Mitglied einer sozialen Gemeinschaft definiert ist. Das bedeutet: Der Sozialstaat fordert und fördert, er fordert die politische Loyalität der Bürger und fördert deren individuelle Wohlfahrt. Das Herzstück jedes Sozialstaats ist die Inklusion.

Reflexe

Stimme eines Großsoziologen aus dem Jenseits: »Jede Person muss danach Zugang zu allen Funktionskreisen erhalten können. Jeder muss rechtsfähig sein, eine Familie gründen können, politische Macht mit ausüben oder doch mit kontrollieren können; jeder muss in Schulen erzogen werden, im Bedarfsfalle medizinisch versorgt werden, am Wirtschaftsverkehr teilnehmen können. Das Prinzip der Inklusion ersetzt jene Solidarität, die darau

Beschreibung für Leser

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