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Eine kurze Geschichte vom Fallen - Was ich beim Sterben über das Leben lernteOverlay E-Book Reader
Joe Hammond

Eine kurze Geschichte vom Fallen - Was ich beim Sterben über das Leben lernte

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Produktdetails

Verlag
HarperCollins
Erschienen
2020
Sprache
Deutsch
Seiten
256
Infos
256 Seiten
ISBN
978-3-95967-483-6

Kurztext / Annotation

»Wenn ich nur aufhören könnte umzufallen, wäre dieses Buch lustiger.«
Joe Hammond fällt einfach hin.
Zum ersten Mal passiert es, als er seinen kleinen Sohn zur Schule bringt und merkt: Sein Körper macht auf einmal Dinge, die er nicht mehr steuern kann. Nach einem halben Jahr Ungewissheit und einer Odyssee der Arztbesuche bekommt Joe Hammond die Diagnose: Er leidet an der Motoneuron-Krankheit - eine zum Tode führende Erkrankung des motorischen Nervensystems.
Und er weiß: Er hat nicht mehr viel Zeit, er wird die Kontrolle über seinen Körper, er wird sein Leben verlieren. Und die Menschen, die er am meisten liebt, verlieren ihn.
Vom anfänglichen Stolpern bis zur fortgeschrittenen Bewegungsunfähigkeit nimmt uns Joe Hammond mit auf seine letzte Reise: Taumeln, hinfallen, auseinanderfallen. Mit tieftraurigem Humor beschreibt er, wie es ist, sich der eigenen Vergänglichkeit so radikal bewusst zu werden und dabei das Leben zu lieben wie nie zuvor.
»In einer Schublade hüten meine Frau Gill und ich einen alten Schuhkarton. In dem Karton sind 33 Geburtstagskarten für unsere Söhne: eine für jedes Jahr bis zu ihrem 21. Geburtstag. Seit Ende 2017 lebe - und sterbe - ich an der Motoneuron-Krankheit. Deswegen habe ich die Karten geschrieben.«
»Dies ist ein Buch über das Abschiednehmen. Abschied von meinem Körper, der mich von einer plötzlichen Unbeholfenheit bis in einen raumschiffähnlichen Rollstuhl führen wird. Abschied von dieser Welt, in der ich immer weniger eine Rolle spiele und stattdessen auf ein mir unbekanntes Terrain zutreibe. Abschied von Gill, meiner Frau. Und Abschied von Tom und Jimmy, meinen beiden Söhnen.«
»?Eine kurze Geschichte vom Fallen? handelt von der Traurigkeit (und der Wut und der Angst), aber auch von den schönen Momenten, von Liebe und Vatersein. Und davon, wie ich die letzten Momente mit meinem Körper erlebe, in der Gegenwart von Menschen, die mir das Wichtigste sind. Davon, wie es sich anfühlt, wenn man weiß, dass ich für meine Familie bald als Erinnerung weiterlebe. Auf vielerlei Weise ist das die erstaunlichste Zeit meines Lebens gewesen.«

Textauszug

Der Körper

Wenn ich mich an meinem Rollator festhalte und über den Flur im ersten Stock schlurfe, schaue ich unweigerlich durch die offene Tür ins Bad. Das ist ein Muster geworden. Durch die Tür auf den Metallrahmen zu blicken, der meinen erhöhten behindertengerechten Toilettensitz hält. Diese flüchtige Erfahrung erinnert mich an die Momente in meinem Leben, wenn ich an Sanitätshäusern vorbeikam und zerstreut die unwahrscheinlichen Utensilien aus dem Leben anderer Menschen betrachtete. Diese ganze Welt von Erfahrungen in nur einem Geschäft. Und so fühlt es sich an, wenn ich diese um meine Toilette montierte Vorrichtung sehe. Es ist das Leben anderer Menschen, nicht mein eigenes. Doch jedes Mal erinnere ich mich, dass es meines ist, und bin von Neuem schockiert.

Ich denke, ich erlebe bei jedem Anlass dasselbe Maß an ursprünglichen Schocks. Dasselbe Gefühl empfinde ich bei jedem nun von mir benötigten Hilfsmittel: der konusförmige Gegenstand zum Sockenanziehen, die Greifgeräte, die Geländer, die Schiene, der Rollstuhl und andere wundersame Apparaturen wie aus einem Dr.-Seuss-Buch. Fast täglich treffen neue Sachen ein, und ich werde unvermutet zum Kurator des Museums meines eigenen Verfalls. Wie kam es dazu? Denn vor nicht allzu langer Zeit ging ich noch an solchen Geschäften vorbei. Ich war auf dem Bürgersteig und schaute hinein. Aber jetzt bin ich drin.

Londoner Bettler bitten Behinderte nicht um Geld. Sie sehen sie nicht mal an. Diese Beobachtung machte ich während eines Weihnachtsbesuchs in Großbritannien, als ich in London war, wenige Monate bevor wir endgültig zurückkehren mussten. Ich war mit meiner Behinderung allein unterwegs. Ich muss ziemlich wackelig gewirkt haben, weil ich das erste Mal erlebte, dass mir wildfremde Menschen halfen. Ich fand das aufregend. Ich empfinde keine Aufregung mehr. Aber damals war es beglückend, auf die gleiche Art, wie alle transformierenden Erfahrungen beglückend sind. Wie ein Schauspielschüler mit einer Bettelschale oder ein Promi in einem Fettanzug. Nur dass es diesmal um mich ging. Die kompletteste Version meiner selbst, die ich je sein würde.

Am Bahnhof East Croydon musste ich umsteigen und folgte bewusst einer Frau, die an einer Krücke ging und wie ich ein spastisches Bein hatte. Ich nahm ganz in ihrer Nähe Platz, bemerkte aber, dass sie sehr viel jünger war und wahrscheinlich MS hatte. Prompt fühlte ich mich wie ein älterer Typ, der einer jüngeren Frau nachsteigt, was ich ja kurzzeitig auch war. Menschen mit einem kranken Bein wie meinem interessieren mich. Am Bahnhof Three Bridges sah ich einen Mann ungefähr in meinem Alter, der noch langsamer ging als ich. Er war elegant gekleidet und übte offensichtlich weiterhin irgendeinen Beruf aus. Ich kam aus der entgegengesetzten Richtung und hatte genug Zeit, um aufgeregt zu beobachten, wie sein Bein wild ausschlug - genau wie meins. Es war gerade Rushhour. Nicht die beste Zeit, um sein Bein herumzuschwenken. Ich wollte ihm zuwinken oder irgendwas sagen oder durch hochgezogene Augenbrauen mit meinem Bruder kommunizieren. Und da wir uns in entgegengesetzte Richtungen bewegten, wusste ich, dass unsere uneingestandene gemeinsame Zeit nur kurz währen würde. Er brauchte Unterstützung, zumindest durch Krücken, aber er hatte nichts. Seine Langsamkeit beeindruckte mich. Ich hätte ein wenig gemächlicher gehen sollen. Oder ich hätte stehen bleiben und nachdenken sollen, aber ich tat das Gegenteil. Ich wurde schneller und fühlte mich für einen Moment beschwingt. Offenbar wollte ich das. Ich legte ein flottes Tempo vor. Und das war's; der Moment für eine mögliche Kontaktaufnahme war dahin.

Er ist nicht die erste Person, die mir aufgefallen ist und bei der ich mich gefragt habe, ob sie dasselbe hat wie ich. Die ich fragen wollte. Ich legte mir die Erklärung zurecht, dass die Symptome dieses Mannes wohl fortgeschrittener waren als meine. Vielleicht hatte er sich zu spät Hilfe gesucht und versuchte einfach

Beschreibung für Leser

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