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Rezensionen

Rezension von Viola Leiter

Die Wahrheit über das Lügen

 

In diesen zehn Kurzgeschichten beweist Benedict Wells erneut, dass er ein absolutes Schreibtalent ist. Der deutsche Erfolgsautor punktet in seinem neuesten Werk mit viel Stoff zum Nachdenken, Lachen und Mitfiebern. Wie der Titel schon verrät spielt das Lügen eine zentrale Rolle in seiner Kurzgeschichtensammlung. Wir begleiten die unterschiedlichsten Personen, deren bisheriges Leben auf Lügen und Träumereien basiert. Die Geschichten sind alle total unterschiedlich, aber dennoch zieht sich ein roter Faden durch das gesamte Buch. Durch die große Vielfalt der Geschichten ist für jeden etwas dabei und wieder einmal hat mich Wells überrascht und überzeugt. Eine klare Leseempfehlung!

Rezension von Evelyn

Die Wahrheit über das Lügen

 

Ein Vater, der zu viel arbeitet und zu wenig Zeit mit der Familie verbringt, Kinder, die glauben, auf ewig befreundet zu bleiben, eine Schriftstellerin, die den Erfolg der Liebe vorzieht ... Jede einzelne der 10 Erzählungen berührt, regt zum Denken an und stellt die Frage in Raum, ob wir uns vielleicht ein bisschen selbst belügen. Wer Betroffenheit beim Lesen verspürt, ist selber schuld. Ich freue mich, dass uns Benedict Wells mit dem Erzählband das Warten bis zu seinem nächsten Roman erträglicher macht.

Rezension von Ambermoon

Dies ist eines jener Bücher, welches man zurückgezogen bei einer Tasse Tee genießt und nach jeder Story kurz inne hält, um sie nochmals in Gedanken zu genießen.

 

Das Leben und die Zeit

Es geht um alles oder nichts in diesen Geschichten. Sie handeln vom Unglück, frei zu sein, und von einer Frau, die vor eine existenzielle Entscheidung gestellt wird. Von einem Ort, an dem keiner freiwillig ist und der dennoch zur Heimat wird. Von einem erfolglosen Drehbuchautor der Gegenwart, der in das New Hollywood des Jahres 1973 katapultiert wird und nun vier Jahre Zeit hat, die berühmteste Filmidee des 20. Jahrhunderts zu stehlen. Und nicht zuletzt eine Erzählung aus dem Universum von ›Vom Ende der Einsamkeit‹, die Licht auf ein dunkles Familiengeheimnis wirft. Zehn höchst unterschiedliche Geschichten aus einer Welt, in der Lügen, Träume und Wahrheit ineinanderfließen. Mal berührend, mal komisch, überraschend und oft unvergesslich....(Klappentext)


✽✽✽✽✽

"Dies waren die goldenen Jahre,
als Vater, als Mann und im Beruf,
und er genoss seine Freiheit als Wanderer zwischen diesen Welten,
die er für seine größte Leistung hielt."
(S. 21)

"Die Wahrheit über das Lügen" ist eine Ansammlung von Kurzgeschichten. Kurzgeschichten können einerseits schnell nach hinten losgehen, aber auch Einblicke in die schriftstellerischen Fähigkeiten eines Autors gewähren - in seine Experimentierfreude und sein Facettenreichtum.
Aufgrund meiner grundlegenden Skepsis gegenüber des Autors, sowie gegenüber Kurzgeschichten allgemein (diese verflüchtigt sich derzeit aber zunehmend), hatte der Autor bei mir einen großen Berg zu erklimmen. Ich wurde jedoch in beiderlei Hinsicht positiv überrascht und kann nun diese Lobhudelei zu seinen Werken und vor allem zu der vorliegenden Kurzgeschichten-Sammlung verstehen und auch unterschreiben.

In diesen 10 Kurzgeschichten eröffnet sich eine Tiefsinnigkeit, wunderschöne Anekdoten und ergreifende Schicksale.
In diesen Geschichten steigt man auf einen Berg, verbringt seine Kindheit in einem Internat, in einer alten Bibliothek unter sprechenden Büchern, lauscht einer alten traurigen Dame und reist in die Vergangenheit, um Star Wars zu erschaffen.
Jede einzelne Geschichte ist wundervoll zu lesen, traurig und schön zugleich und jede einzelne schafft es das kleine Rädchen im Kopf anzuschmeißen, welches einem zum Nachdenken anregt - über das Leben, die Freude, das Glück und sich selbst. Jede Geschichte ist aber auch anders und doch haben sie vor allem ein Thema gemein - die Zeit. Die Zeit, welche nie genutzt wurde, die man nicht zu schätzen wusste, die einem davon läuft und die Zeit an die man sich gerne erinnert.

"Wir hatten uns vier Jahre lang beinahe jeden Tag gesehen, jede Nacht,
wir kannten einander besser als jeden sonst und hatten uns geschworen, für immer Freunde zu bleiben.
Doch wir sahen uns nie wieder."
(S. 42)

Nur eine Geschichte habe ich nicht gelesen und zwar "Die Entstehung der Angst". Diese richtet sich an diejenigen Leser, welche den Roman "Vom Ende der Zeit" schon gelesen haben. Diese Kurzgeschichte war ursprünglich ein Teil davon, welcher jedoch nicht mit in den Roman aufgenommen wurde. Sie ist also ein ganz besonderer Leckerbissen für Fans von Benedict Wells. Ich hingegen heben mir diese Geschichte auf, bis ich auch den Roman gelesen habe.

Der Schreibstil ist flüssig und klar und der Erzählstil sowohl ruhig, als auch packend.
Bezüglich der Charaktere schafft es der Autor hervorragend sich in diese hinein zu versetzen, ihre Gefühle und Gedanken zu transportieren und somit bleibt einem gar nichts anderes übrig als jede einzelne Figur ins Herz zu schließen. Trotzdem ich in diesen Anthologien nicht viel an Experimentierfreude und Facettenreichtum des Autors erkennen konnte, so konnten mich diese Geschichten wunderbar unterhalten und zum Nachdenken anregen.

"Sie dachte an ihren verstorbenen Mann.
Wenn ihre Erinnerung ein Kino war, dann waren die Jahre mit ihm ein Klassiker, der noch immer jeden Abend lief.
Vielleicht war er nicht mehr ganz so spannend, weil sie jeden Satz aus der Handlung mitsprechen konnte,
und vielleicht war auch das Bild inzwischen etwas unscharf geworden und die Tonspur verwaschen,
aber das machte nichts."
(S. 92)

Fazit:
Dies ist eines jener Bücher, welches man zurückgezogen in seiner Leseecke bei einer Tasse Tee genießt und nach jeder Geschichte kurz inne hält, um sie nochmal in Gedanken zu genießen und wirken zu lassen. Davon gibt es nicht viele und daher habe ich dieses Buch umso mehr genossen und es ist eines der wenigen Bücher, welches eine Geschichte enthält, die selbst mich zu Tränen gerührt hat.
Der Autor konnte mich auf jeden Fall überraschen und von sich überzeugen.

© Pink Anemone