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Rezensionen

Rezension von Gerda Kurz

Kein Teil der Welt

 

Die Zeugen Jehovas waren mir immer schon suspekt. Als ich ein Kind war und die "Bibelforscher" waren im Viertel unterwegs, wurden die Haustüren abgeschlossen und wir mussten uns flach auf den Boden in der Stube legen. So viel Angst war da vorhanden.
Stefanie de Velasco hat mit 15 Jahren diese Gemeinschaft verlassen und lässt uns in diesem autobiographischen Roman tief in deren obskure Strukturen schauen. Esthers Vater bekommt die hehre Aufgabe nach dem Mauerfall den Osten Deutschlands zu missionieren und zieht mit der Familie in eine trostlose Gegend, um einen Königreichsaal zu bauen. Sulamith, die beste Freundin, fängt schon sehr bald an zu zweifeln und auch für Esther fühlt sich plötzlich vieles so falsch an. Irgendwann verbrennen die Wörter "Harmagedon, "Paradies" und "die große Schlacht" in ihrem Mund, noch bevor sie sie aussprechen kann. Immer größer werden die Zweifel und die Abneigung gegen das unsinnige Leben, gegen den Styroporausdruck der Mutter und dem blinden Wahn des Vaters. Und dann kommt der Exodus.
Ein wahnsinnig berührender und zugleich spannender Roman, der sehr tiefe Einblicke in die Gemeinschaft der Zeugen Jehovas gewährt. Ein echter Leckerbissen im Romandschungel!