Armut im Alter
Probleme und Perspektiven der sozialen Sicherung
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- Casa editrice
- Campus
- Pubblicato
- 2012
- Lingua
- Deutsch
- Pagine
- 393
- Info
- 393 Pagine
zahlr. Tabellen und Grafiken
21.3 cm x 14 cm - ISBN
- 978-3-593-39752-8
Werbliche Überschrift
Würdig altern – eine Frage der richtigen Politik
Inhaltsverzeichnis
Inhalt
Einleitung 9
I Altersarmut gestern, heute und morgen
Die Entwicklung des Sozialstaates, Reformen
der Alterssicherung und die (Re-)Seniorisierung der Armut 13
Christoph Butterwegge
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Gesetzlichen
Rentenversicherung: Verhinderung von Armut im Alter? 42
Winfried Schmähl
Altersarmut und Rentenreformvorschläge:
Fallstricke einer einseitigen Debatte 65
Gerhard Bäcker
Armut im Alter – ein Problem von gestern? Zur ideologischen
Entsorgung der wachsenden sozialen Ungleichheit 80
Otker Bujard
II Ursachen, Erscheinungsformen und Folgen der Altersarmut
Der Arbeitsmarkt als Armutsfalle
Sind die Beschäftigten von heute die Altersarmen von morgen? 95
Jutta Schmitz
Altersarmut ist überwiegend weiblich
Frauen als Hauptleidtragende des Sozialabbaus 111
Carolin Butterwegge und Dirk Hansen
Die Entwicklung der Alterseinkünfte in Ostdeutschland:
Wende zum Besseren oder Wende zur Armut? 130
Alfred Spieler
Gesundheitliche Ungleichheit im Alter – ein Armutszeugnis 144
Antje Richter-Kornweitz
III Demografischer Wandel, »Generationengerechtigkeit« und Teilprivatisierung der Altersvorsorge
Altersarmut und Methusalem-Lüge
Wie die Senkung des Rentenniveaus mit demografischen
Mythen begründet wird 163
Ernst Kistler und Falko Trischler
Altersarmut in einem reichen Land
Zur Logik eines scheinbaren Widerspruchs 175
Gerd Bosbach und Jens Jürgen Korff
»Generationengerecht« in die Altersarmut 189
Daniel Kreutz
Rentenpolitik unter Druck
Einflussnahme und Lobbying der Finanzbranche am Beispiel
der Riester-Rente 204
Diana Wehlau
IV Zivilgesellschaftliche Positionen und Aktivitäten gegen Altersarmut
Soziale Sicherheit im Alter – eine Frage der Solidarität! 227
Annelie Buntenbach
Der Neue Generationenvertrag als Grundlage einer
solidarischen Alterssicherung 244
Hans-Jürgen Urban und Axel Gerntke
Die Gesetzliche Renten- zur Erwerbstätigenversicherung
fortentwickeln! 256
Adolf Bauer
Tafeln gegen Altersarmut?
Grenzen privater Wohltätigkeit in der »Freiwilligengesellschaft« 267
Luise Molling und Stefan Selke
V Vorschläge aus Parteien in der Diskussion
Sozialdemokratische Konzepte zur Sicherung des Lebensstandards
und zur Bekämpfung von Altersarmut 283
Anton Schaaf und Andrea Franz
Randnotizen zum Rentendisput in der SPD 302
Ottmar Schreiner und Cansel Kiziltepe
Die Grüne Bürgerrente gegen Altersarmut – garantiert für alle 322
Wolfgang Strengmann-Kuhn und Dirk Jacobi
Für ein von Armut freies Leben im Alter!
Die Solidarische Mindestrente im Rentenkonzept der LINKEN 334
Matthias W. Birkwald und Christian Brütt
Daten zur Altersarmut in Deutschland und Europa 360
Literaturauswahl 382
Abkürzungsverzeichnis 387
Autor(inn)en 391
Textauszug
Einleitung
Während der vergangenen Dekaden galt Armut im Alter hierzulande eher als gesellschaftliche Randerscheinung. Jüngst ist sie jedoch wieder stärker in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Seit die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung am 1. Januar 2003 eingeführt wurde, hat sich die Zahl der älteren Menschen, die sie in Anspruch nehmen (müssen), deutlich erhöht. Kein Wunder, dass es immer mehr Ruheständler/innen gibt, die einem Minijob nachgehen. Vielerorts gehören Senior(inn)en, die frühmorgens Zeitungen austragen oder in Müllcontainern nach Pfandflaschen suchen, denn auch längst zum »normalen« Stadtbild.
Da die soziale Lage vieler Älterer zu dramatisch ist, um länger totgeschwiegen werden zu können, verweisen etablierte Parteien, Massenmedien und Wissenschaftler zu ihrer Rechtfertigung meist auf die demografische Entwicklung. Wenn die Gesellschaft insgesamt altert und immer mehr gesetzliche Renten über einen immer längeren Zeitraum gezahlt werden müssen, weil die Lebenserwartung der Ruheständler/innen steigt, sind Kürzungen des Rentenniveaus scheinbar unausweichlich. Reformansätze wie die sog. Riester-Rente der Regierung Schröder/Fischer, Ursula von der Leyens »Zuschussrente« oder die »Solidarrente« der SPD bilden jedoch keine sinnvolle Alternative zu einer gesetzlichen Rente, die den Lebensstandard im Alter sichert und Armut verhindert. Denn je größer das Risiko ist, im Alter arm zu werden, desto weniger greifen die genannten Instrumente.
Als die etablierten Parteien das Prinzip der Lebensstandardsicherung bei der gesetzlichen Rente aufgaben, Formen der privaten Altersvorsorge in den Mittelpunkt rückten und eine »neue« Arbeitsmarktpolitik praktizierten, wurden die Weichen in Richtung vermehrter Altersarmut gestellt. Lückenhafte Erwerbsverläufe durch Mehrfach- und Langzeiterwerbslosigkeit, Niedriglöhne und erzwungene Teilzeitbeschäftigung mit entsprechend geringen Beitragszahlungen sowie die Kürzungsfaktoren in der gesetzlichen Rentenformel werden in Zukunft noch tiefere Spuren hinterlassen. Die versprochenen Erträge privater Renten dürften für viele Menschen selbst bei stabilen Finanzmärkten kaum ausreichen, um ein Leben im Alter jenseits von Armut führen zu können. Dies wird vor allem die Einkommensschwächeren treffen.
Dieses Buch behandelt im ersten Kapitel grundlegende Aspekte des Themas. Dort wird nicht nur die Entwicklung des Sozialstaates, der Gesetzlichen Rentenversicherung und der Altersarmut nachgezeichnet, sondern auch ihr Verhältnis zueinander diskutiert und Reformbedarf angedeutet. Das zweite Kapitel ist den Ursachen, Erscheinungsformen und Folgen der Armut im Alter gewidmet. Es geht um die Rolle des Arbeitsmarktes sowie den Einfluss des Geschlechts und der räumlichen Herkunft. Ein Beitrag zu gesundheitlichen Konsequenzen von Armut ergänzt diesen Teil. Im dritten Abschnitt werden bekannte Erklärungsansätze unter die Lupe genommen. Mehrere Autoren widerlegen die üblichen Begründungsmuster für Altersarmut wie Demografie, mangelnde »Generationengerechtigkeit« und ökonomische Sachzwänge. Nicht unerwähnt bleiben auch die von den Privatisierungsgewinnern im Rentenreformprozess angewandten Methoden zur Durchsetzung ihrer Interessen. Im vierten Abschnitt wird die Situation aus der Sicht mehrerer Organisationen beschrieben. Repräsentant(inn)en des Sozialverbandes Deutschland (SoVD), des DGB und der IG Metall knüpfen daran Überlegungen, wie das Problem gelöst werden kann. Eine wissenschaftliche Analyse der beschränkten Möglichkeiten privater Wohltätigkeit komplettiert dieses Kapitel. Der fünfte Abschnitt enthält Einschätzungen und Alternativvorschläge führender Renten- und Sozialpolitiker von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der LINKEN. Eine kommentierte Datensammlung, eine Auswahlbibliografie, ein Abkürzungsverzeichnis und eine Kurzvorstellung der Verfasser/innen schließen den Band ab.
Hauptbeschreibung
Altersarmut ist ein Problem, das häufig mit der Alterung unserer Gesellschaft in Verbindung gebracht wird. Die drohende Verarmung von Millionen älteren Menschen in Deutschland ist aber vor allem auf sinkende Reallöhne, den expansiven Niedriglohnsektor, entsprechende Reformen des Arbeitsmarktes und eine falsche Rentenpolitik zurückzuführen: Mit der Riester-Reform und weiteren Maßnahmen (Aussetzung der jährlichen Rentenanpassung, Beendigung der Beitragszahlungen für Langzeitarbeitslose usw.) wurde das für den Sozialstaat grundlegende Prinzip der Lebensstandardsicherung in der Rentenversicherung aufgegeben. Absehbare Folgen sind eine noch stärkere Polarisierung der Gesellschaft in Arm und Reich sowie eine »Reseniorisierung« der Armut. In diesem Band geben Expertinnen und Experten erstmals einen Überblick über die aktuellen Risiken, Erscheinungsformen und Ursachen von Altersarmut in Deutschland. Darüber hinaus diskutieren sie ein ganzes Bündel möglicher Maßnahmen für eine gerechte und solidarische Alterssicherung.
Informazioni sull'autore
Christoph Butterwegge (links), Prof. Dr., lehrte bis 2016 Politikwissenschaft an der Universität zu Köln. Er beschäftigt sich seit über einem Vierteljahrhundert mit der Kinderarmut und hat dazu sowohl Forschungsprojekte durchgeführt wie auch mehrere Bücher veröffentlicht. Gerd Bosbach (Mitte) ist Professor für Statistik sowie Wirtschafts- und Sozialforschung an der FH Koblenz. Matthias W. Birkwald ist rentenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Deutschen Bundestag.