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Recensione

Rezension von Nepomurks

Eine tragische Geschichte, die unter die Haut geht...

 

Leila Slimani erzählt in ihrem Roman „Dann schlaf auch du“ die Geschichte von Louise und der Familie Massé. Eine Geschichte, die verstörend, dramatisch und erschreckend zugleich ist.
Louise wird als Nanny von der Familie Massé eingestellt und soll sich somit vorwiegend um die beiden Kinder Mila und Adam kümmern. Doch sie nimmt zunehmend einen zentralen Platz im Leben und Alltag der Familie ein. Was anfangs nicht so geplant war, entwickelt sich hier scheinbar wie von selbst und sorgt beim Lesen für jede Menge beklemmender Gänsehaut-Momente..
Slimani geht mit ihrem Roman sehr in die Tiefe der Menschen vor, von denen sie erzählt. Trotz eines vollkommen unaufgeregten Erzählstils und eines scheinbar oberflächlichen Geplänkels innerhalb der Dialoge erahnt man schnell die Kluft, die sich zwischen Louise und der Familie Massé auftut. Ich persönlich habe durch den satten und eindringlichen Schreibstil der Autorin schnell eine arge Abneigung gegenüber den Gepflogenheiten der Familie Massé empfunden. Die gesellschaftlichen Schichten sind hier derart klar abgegrenzt, dass die gesamte Szenerie bedrückend wirkt. Slimani beschreibt sehr direkt und doch oftmals unterschwellig eine äußerst beschämende Oberflächlichkeit und einen widerlichen „Großmut“ der Familie Massé, selbst wenn dies gar nicht immer offen zur Schau gestellt wird – manchmal sind es auch nur die Gedankengänge der Protagonisten, die eine tragende Rolle spielen. Louise dagegen polarisiert. Man empfindet Mitleid, aber auch tiefe Abneigung. Interessant fand ich in diesem Kontext, wie selbstverständlich Slimani in ihrem Roman mit Rollenklischees umgeht oder sogar mit ihnen spielt. Ich hatte z.B. anfangs ein völlig anderes Bild von Louise vor Augen, welches nichts mit der tatsächlichen Figur zu tun hatte und dem nicht einmal nahe kam. Leila Slimani hat mit ihrer Erzählung wie ich finde sehr großes Können bewiesen, denn in Aufbau und Inhalt wirkt der gesamte Roman einfach nur stimmig und sehr authentisch! Die Szenerien scheinen immer sehr reell und man durchlebt so manche kleinere bis größere Tragödie in einer erschütternden und zugleich packenden Atmosphäre. Die Geschichte berührt und wirft Fragen auf. Für mich war der Roman im Ganzen zudem ziemlich spannend, da schließlich gleich am Anfang des Buches das Verbrechen steht, man anschließend aber in Unwissenheit über die genauen Verläufe oder Umstände gelassen wird und sogar zurück zu den Anfängen von Louise‘s Beschäftigung bei den Massés geht. Einzig das Ende des Buches hätte ich mir anders vorgestellt, aber das mag Geschmackssache sein.. Insgesamt fand ich den Roman wirklich toll und die Inhalte klingen definitiv noch nach. Lesenswert ist das Buch allemal und ich würde es absolut weiterempfehlen!

Rezension von anushka

Die Servicegesellschaft und ihre Schattenseiten

 

Myriam fühlt sich allein mit der Mutterrolle nicht ausgefüllt. Also beschließen ihr Mann und sie, dass sie wieder arbeiten gehen soll, auch wenn ihr ganzes Einkommen dann für die Einstellung einer Nanny "draufgeht". Und Myriam und Paul, ein Paar der Pariser oberen Mittelschicht, haben hohe Ansprüche. Die Dinge müssen genau nach ihren modernen Vorstellungen geschehen. Mit Louise scheinen sie einen Glücksgriff gemacht zu haben. Sie ist alleinstehend und das eigene Kind längst aus dem Haus. Sie ist quasi rund um die Uhr verfügbar und übernimmt schleichend auch im Haushalt immer mehr Aufgaben. Doch sie macht sich auch zunehmend unentbehrlich und schleicht sich in die Familie ein. Und dann passiert das Unfassbare, der Alptraum jeder Eltern ...

Das Buch eröffnet bereits mit der Tragödie: Myriam kommt heim und findet ihre Kinder schwerverletzt vor. Keines ihrer Kinder wird überleben. Schon auf den ersten Blick wird klar: Louise ist die Täterin. Doch wie konnte es dazu kommen? Das rollt das Buch nach und nach auf, obwohl nie eine abschließende konkrete Erklärung präsentiert wird. Doch das Buch zeichnet die Situation aller Beteiligter Stück für Stück nach und man erfährt, wie es zur Eskalation kommt. Dabei wird deutlich, dass Myriam und Paul ihre Nanny kaum je als individuellen Menschen betrachten, sondern oft nur als Dienstleisterin. Sie geben vor Freunden mit ihr an als wäre sie ein Besitz und wissen gleichzeitig nichts über Louises Leben oder ihre Lebensumstände, bemerken ihre Einsamkeit nicht, ihr Bedürfnis nach Gebrauchtwerden oder ihre finanziellen Sorgen. Das Buch ist an vielen Stellen unangenehm, greift es doch so lebensnah gängige Situationen auf, die sich vielen Familien heutzutage stellen. Es erschüttert, wenn es aufzeigt, wie sich die heutige Gesellschaft entwickelt und dass die westlichen Ländern wieder eine Art feudaler Gesellschaftssysteme aufbauen. Louise hat sich ausschließlich an den Bedürfnissen der Arbeitgeber zu orientieren. Sie wird sogar in den Urlaub mitgenommen, um dort die Kinder zu hüten, denn was anderes sollte sie schon vorhaben? Dabei lebt sie gleichzeitig in der prekären Lage von Niedriglohnangestellten. Sie weiß, dass mit zunehmendem Alter der Kinder ihre Stelle verzichtbar wird, hat gleichzeitig aber so wenig verdient, dass sie nicht vorsorgen kann. Hinzu kommt aber auch Louises ganz eigene, mitunter labile, Persönlichkeit. Sie kauft den Kindern unterwegs ein Eis oder etwas anderes, wagt aber nicht, den Eltern das Geld in Rechnung zu stellen und diese kommen von selbst nicht darauf. Und so wird Louises Zwangslage immer größer und ihre Situation immer verfahrener.
Dieses Buch ist ein eindringliches Plädoyer dafür, darüber nachzudenken, dass Angestellte auch ein eigenes Leben und eigene Sorgen haben; dass sie möglicherweise, oder eigentlich meistens, keinesfalls so gut situiert sind wie ihre Arbeitgeber und somit stark abhängig sind.

"Dann schlaf auch du" ist erschütternd und rüttelt auf. Nicht zuletzt auch deswegen, weil es auf einem realen Fall basiert. Ort, Figuren und Erklärungen sind jedoch fiktiv, aber sehr realistsch und berührend. Die Psychogramme vor allem der Mutter und der Nanny sind intensiv und sehr gelungen. Die Autorin kann den Spannungsbogen sehr gut aufbauen, obwohl das eigentlich tragische Ereignis schon auf den ersten Seiten geschildert wird. Das Buch ist gleichzeitig aber auch eine eingängige Gesellschaftskritik der heutigen westlichen Industrienationen, deren Anforderungen kaum noch erfüllbar sind und so zu moralischen und emotionalen Konflikten und Belastungen führen. Die eben auch in Tragödien enden können.

Abgesehen von der Gesellschaftskritik ist das Buch aber auch ansonsten gelungen und auch lesenswert für alle, die "einfach nur" einen spannenden, berührenden und erschütternden Roman über ein Familiendrama lesen möchten.

Rezension von begine

Trauriges Geschehen

 

Die französsische Autorin Leila Slinani hat mit ihrem Roman „Dann schlaf auch du“ ein interessantes Werk geschaffen.
Der Untertitel ist Der Preis des Glücks.
Miriam und Paul waren das perfekte Paar und hatten jetzt zwei Kinder. Miriam möchte wieder in ihrem Beruf arbeiten. So suchen sie eine Nanny und finden Louise.
Sie scheint die Richtige zu sein, aber wir erfahren schnell aus ihren Gedanken, das sie nicht so ist, wie sie sich gibt.
Sie ist ein schwieriger Charakter, einesteils tat sie mir leid, dann war ich wütend auf sie.
Dann kommt Miriam früher nach Hause und das Baby ist tot, das Mädchen ist schwer verletzt.
Das ist der eigentliche Anfang und dann erfahren wir von den vorherigen Zuständen.
Mit guter fesselnder Sprache werden die Emotionen aller Personen gezeichnet.
Uns wird die ganze Tragödie klar. Obwohl ich wusste das es kein zurück gibt, die Kinder sind tot, hoffte ich immer noch auf eine gute Wendung.
Eine traurige, tragische und fesselnde Geschichte über den Zwiespalt von Mutterschaft oder Berufsleben. Nach dem Lesen dieses Psychothrillers traut man sich nicht mehr, seine Kinder von anderen Personen betreuen zu lassen.
Trotzdem war es ein guter spannender Roman. Ich kann ihn empfehlen.

Rezension von LadyIceTea

Dieses Buch hat mich völlig in seinen Bann geschlagen

 

Myriam und Paul wollen perfekt sein. Zwei Kinder, Pariser Altbauwohnung und angesehene Jobs. Als Myriam sich nach ihrer Schwangerschaft entscheidet, wieder arbeiten zu gehen muss eine Nanny her. Sie finden Louise und glauben, mit ihr den Hauptgewinn gezogen zu haben. Louise bändigt nicht nur die Kinder, sie macht sauber, kocht und hält unbemerkt die Familie zusammen. Sie wird immer mehr ein fester Teil des Familienglücks.
Doch niemand hat erwartet, wie tief die Einsamkeit in ihrer Seele sitzt und welche Abgründe sich in Louise auftun. Bis die Dunkelheit über die Familie einbricht.

Ich wusste nicht wirklich, was ich von diesem Roman zu erwarten hatte. Einerseits klang es mir nach Thriller aber andererseits eben nicht nach Fitzek und Co. Bekommen habe ich ein Buch, welches ich so nicht erwartet hätte.
Schon auf den ersten Seiten werden wir mit dem schrecklichen Ausgang des Buchs konfrontiert. Das hat mich überrascht. Es geht in diesem Buch tatsächlich nur darum, wie es zu diesem Ereignis gekommen ist. Wir wissen also schon direkt wer, was und wo. Nur das Warum klärt sich erst auf den nächsten Seiten.
Die Geschichte wird von Beginn erzählt. Wie Myriam wieder arbeiten möchte, wie schlecht sie sich fühlt und wie dann Louise auftaucht und alles wieder in Ordnung bringt. Wir erleben alles aus einer Erzählperspektive, die meistens Louises Sicht darstellt, jedoch von außen betrachtet. Dadurch wirkt es oft wie eine schaurige Erzählung und lies mich dieses Buch geradezu verschlingen.
Louise erscheint perfekt, bis man mehr über sie, ihre Vergangenheit und ihre Gedanken erfährt. Schnell merkt man, dass nicht alles Gold ist was glänzt und das Louise nicht perfekt ist. Ab diesem Punkt stieg die Spannung für mich, weil ich nur noch wissen wollte, wie es zu diesem Ereignis kommen konnte.
Das Ende hat mich auch in einer gewissen Weise überrascht. Denn es gibt viel weniger her, als man erwartet. Es legt nicht, wie ein typischer Thriller alles Geschehene noch einmal vor dem Leser aus, damit er auch bloß alles versteht. Nein, es gibt dem Leser die letzten fehlenden Informationen und lässt ihn den Rest selbst zusammenreimen, denn im Buch wurde alles gesagt.
Für mich ein wirklich spannendes und geniales Buch. Eine Thriller-Erzählung, die ich so noch nicht kannte.

Rezension von CanYouSeeMe

Dann schlaf auch du

 

‚Dann schlaf auch du‘ der französischen Autorin Leïla Slimani besticht durch einen sehr klaren, nüchternen Schreibstil. Diese sprachliche Nüchternheit steht in einem schönen Kontrast zu den Handlungen der Personen.
Das Buch beginnt mit dem Ende. Solche Vorwegnahmen der Geschehnisse mag ich in der Regel nicht, ich arbeite gern auf das Ende hin. Dennoch stellte sich nach den ersten Seiten unweigerlich die Frage nach dem „Warum?“. In der Hoffnung auf eine Antwort habe ich das Buch gespannt begonnen.
Die Charaktere wirkten auf mich allesamt etwas fahl, sie waren durchweg eindimensional aber aus irgendeinem Grund hat die Autorin es geschafft sie dennoch einigermaßen lebensnah wirken zu lassen. Die Perspektive ändert von Zeit zu Zeit ihren Fokus, so dass man die Geschehnisse sowohl aus der Sicht von Louise als auch von Paul und Myriam sieht. Einige Kapitel sind auch Nebencharakteren gewidmet.

[ACHTUNG: SPOILER]

Die Handlung ist für mein Dafürhalten eher schleppend in Gang gekommen. Nach dem starken Beginn hat die Spannung enorm abgenommen, nur langsam konnte sie wieder ansteigen. Als Leser merkt man schnell, wie sehr Louise sich im Leben von Myriam und Paul einnistet. Die Handlung lebt von der ruhigen Art, in der sie geschildert wird, das Ungute Gefühl schleicht sich nach und nach ein. Ich habe mich dauernd gefragt, warm Myriam und Paul nichts unternehmen, als sie gemerkt haben, wie sehr Louise ihr Leben dominiert. Die Frage nach dem endgültigem „Warum?“ bleibt leider unbeantwortet. Wie einiges andere auch.

[SPOILER ENDE]

Insgesamt bin ich von dem Buch doch eher enttäuscht, ich habe weitaus mehr erwartet. Die Story hat unendlich viel Potential, das meiner Meinung nach nicht völlig ausgeschöpft wurde.

Ingrid Mair empfiehlt

 

Myriam und Paul haben mit ihrem Kindermädchen Louise das große Los gezogen. Hingebungsvoll kümmert sie sich um ihre zwei Kinder und hat sich bereits nach wenigen Wochen für die Familie unentbehrlich gemacht.
Die Eltern können ohne schlechtes Gewissen ihrer Arbeit nachgehen und wissen ihre Liebsten in den besten Händen.
Dabei können sie nichts ahnen von dunklen Seiten ihrer Nanny und unaufhaltsam steuern sie auf eine Katastrophe zu, die schrecklicher nicht sein könnte.
Ein grandioser Roman, der zutiefst erschüttert.

Rezension von StefanieFreigericht

Das Ende ist vorhersehbar - aber wie!

 

Vorab: Das ist KEIN Thriller, auch wenn "psychologischer Thriller" auf der Rückseite aus den Besprechungen zitiert wird - mehr Hinweise bietet die Auszeichnung mit dem Prix Goncourt, dem wichtigsten französischen Preis für LITERATUR. Der Titel "Dann schlaf auch du" klingt leider auch nach Spannungs-Massenware; das Original heißt "Chanson douce", sanftes oder Wiegenlied.

Das Ende ist vorhersehbar, die Erzählung macht daraus keinen Hehl. Hier bedarf es keines verräterischen Klappentextes, bereits der erste Satz lautet "Das Baby ist tot." S. 9
Autorin Leïla Slimani erzählt den einen Strang ihres Romans chronologisch, dazwischen streut sie Passagen ein wie mit eben diesem ersten Satz, die den Leser erinnern an das, was kommen wird, was längst gewesen ist. Unvermeidbar?

Das Situation ist eine, wie es sie vielfach gibt: Zwei Erwachsene, zwei Kinder, zwei Jobs - wer soll sich um die Kinder kümmern? Myriam und Paul finden für ihre beiden Kinder die perfekte Lösung: Louise. Vordergründig ist die Nanny notwendig, weil neben Musikproduzent Paul nun auch Myriam wieder zurück in ihren Beruf als Juristin möchte, aber Slimani macht auch für den Vater der beiden Kleinen klar: "Die Kinder, ihr Geruch, ihr Treiben, ihr Verlangen nach ihm, all das rührte ihn zwar unbeschreiblich. Und manchmal wollte er am liebsten mit ihnen Kind sein, sich auf Augenhöhe mit ihnen begeben, in die Kindheit eintauchen. Doch zugleich war etwas in ihm gestorben, und das war nicht nur die Jugend oder die Unbekümmertheit. Er war nicht mehr entbehrlich." S. 119

Wie gesagt, das Ende ist vorhersehbar. Was diesen Text besonders macht, ist die große sprachliche Kraft, die von ihm ausgeht, dieser Sog, diese absolut meisterliche Beherrschung der Sprache, ihrer Bilder. "Sie war in jene bleierne Betäubung gesunken, aus der man bedrückt, verwirrt und mit dem Gefühl unendlichen Leids wieder zu sich kommt. Ein so tiefer schwarzer Schlaf, dass man kurz geglaubt hat, man müsse sterben, man ist von eiskaltem Schweiß bedeckt und widersinnigerweise erschöpft." S. 133 Der Text bedrückt UND hält gleichzeitig im Bann.

Während mich sprachlich die Autorin vollständig überzeugt hat, war ich zum Thema zunächst etwas gespalten. Im Gegensatz zur Situation beispielsweise im Deutschland der 70er, 80er Jahre mit wenigen Scheidungskindern und planbaren (und vor allem noch meistens lebenslang sicheren) Jobs der Eltern hat sich die Situation doch reichlich verändert: eine Frau ohne Berufstätigkeit wird eine Frau ohne eigene Rente, fertig (ja, ich empfand den Fokus hier ungerechtfertigt zu sehr auf die Mutter gerichtet, einfach auch, weil das Unglück mit ihrer Berufsaufnahme seinen Lauf nahm). Eine Projizierung der Leserin, sicherlich. Eine Reaktion, wie sie die Autorin hervorzurufen vermag, noch mehr. Ein Buch, sicher perfekt für eine Leserunde.

Daneben wird sehr gekonnt die Unfähigkeit aller drei in der sozialen Interaktion dargestellt, der Eltern und von Louise. Ducken, ignorieren, verschieben - und gerne nicht ganz erwachsen werden, wenn möglich. Dargestellt ist das meisterhaft. Beruhigend ist das nicht, soll und kann es auch nicht, besonders die gewisse "Infantilisierung" der Eltern, die sich ganz gerne auch "betüttern" lassen, sie hatten schließlich einen anstrengenden Tag, während die Nanny "nur" die lieben Kleinen genießen durfte. Man hat keine Vorurteile, aber die Nanny soll diesen entsprechen, dauernd verfügbar sein - wie, interessiert schon weniger. Eine Überprüfung? Nun, man wird sehen…

Kein Mitbringsel für junge Eltern mit dem Kind frisch bei Tagesmutter, Kindertagesstätte, Au Pair und Co., noch weniger für deren sich einmischende Schwiegermütter oder "beste Freundinnen".

Sehr starke 4 Sterne von 5

Rezension von cosmea

Keine gute, sondern eine wahnsinnige Mörderin

 

Leila Slimanis zweiter Roman – „Dann schlaf auch du“ („Chanson douce“) – ist mitnichten ein sanftes Wiegenlied. Gleich auf der ersten Seite erfährt der Leser, dass das Kindermädchen die ihm anvertrauten Kinder getötet hat. Im Roman geht es darum, wie es dazu kommen konnte.
Paul und Myriam, ein typisches Ehepaar der Mittelschicht, haben zwei kleine Kinder, Mila und Adam. Paul arbeitet als Produzent in der Musikbranche, Myriam hat ein glänzendes Jurastudium absolviert, konnte ihren Beruf aber wegen der Kinder bisher nicht ausüben. Als ein ehemaliger Studienkollege ihr einen Job anbietet, beschließt sie, ihr häusliches Gefängnis zu verlassen, weil dieses Leben sie nicht glücklich macht. Zusammen mit ihrem Mann sucht sie ein Kindermädchen. Sie finden die 50jährige Louise, eine Frau mit Erfahrung und besten Referenzen. Schon bald wird Louise auch von dieser Familie hoch geschätzt und macht sich sowohl unsichtbar als auch unentbehrlich. Ihr Einsatz für Kinder und Haushalt übersteigt das normale Maß bei weitem. Sie nistet sich ein, will ein Teil dieser Familie sein. Aus ihrer schlimmen Vorgeschichte wird klar warum. Im Laufe der Zeit mehren sich seltsame Vorfälle, Wutanfälle, Abwesenheit. Von Louises Seite aus ist da nicht nur Liebe, sondern auch viel Neid und Hass. Als das Finanzamt das Ehepaar über Louises Altschulden informiert, macht Pauls und Myriams schroffe Reaktion dem Kindermädchen deutlich, dass sie keineswegs Teil der Familie ist, sondern lediglich eine Angestellte, die Weisungen entgegen zu nehmen hat. Es ist eine Frage des Klassensystems, das einen Umgang auf Augenhöhe unmöglich macht. Die Dinge steuern unaufhaltsam auf eine Katastrophe zu.
Slimani hat einen Psychothriller geschrieben, der nichts an Spannung einbüßt, auch wenn man das Ende von vornherein kennt. Sie analysiert nüchtern, was mit Louise und der Familie passiert. Die Autorin hat sich von einem realen Ereignis inspirieren lassen und erörtert neben Louises Geschichte auch die Frage, wie gut man einen anderen Menschen kennt, ob es tatsächlich in Ordnung ist, wenn eine Mutter einer wildfremden Frau ihre Kinder anvertraut und sie für sich arbeiten lässt, damit sie selbst ihrem Beruf nachgehen und sich Konsumwünsche erfüllen kann.
Leila Slimani hat mich schon mit ihrem Debütroman „Dans le jardin de l´ogre“ sehr beeindruckt und gilt zu Recht als wichtige Stimme in der französischen Gegenwartsliteratur. Ein sehr empfehlenswertes Buch.

Rezension von /rezension/kd/fc9f9b75a398f7fd92b8152b5f1ad679?site=513530c9c887f8b24335a7c1d2db7a88

Schockierend

 

Myriam und Paul sind verheiratet und leben mit ihren beiden Kindern Mila und Adam in Paris. Während sich Paul seinen Traum Produzent zu werden verwirklichen konnte, war seine Frau bei den Kindern zu Hause. Als sie den Wunsch äußert als fertige Rechtsanwältin zu arbeiten, beschließt das Paar eine Nanny für die Kinder zu suchen. Und fast scheint es, als hätten sie in Louise das perfekte Kindermädchen gefunden...

Der Roman ist gut und flüssig zu lesen und in kurze Kapitel unterteilt. Auch die Sichtweisen wechseln zwischen verschiedenen Persönlichkeiten, was dem Erzählten mehr Tiefe verleiht. Die Sprache ist verständlich und an sich nicht schwer zu erfassen.

Die Geschichte ist aber auf jeden Fall schockierend und nichts für zart besaitete. Gerade im Zusammenhang mit dem Unglück von Kindern ist es wohl nicht für jedermann geschrieben. Für mich persönlich war es gerade an der Grenze des Erträglichen. Dies gerade deshalb, weil die Autorin zum Glück nicht alles haarklein ausgeführt hat.

Alles in allem handelt es sich um einen heftigen und beklemmenden Roman, der meiner Meinung nach sehr gelungen ist!

Rezension von spozal89

Griff ins Klo

 

Leider kann ich mich persönlich den bisher nur positiven Rezensionen nicht anschließen. In meinen Augen war dieses Buch weder spannend, noch berührend noch sonst irgendwas und zählt zu meinen bisher schrecklichsten Fehlgriffen.

Der Klappentext und auch die Leseprobe klangen ganz spannend. Eine durchschnitts Familie mit zwei Kindern mitten in Paris, der Mann geht arbeiten und die Frau fühlt sich vom Kinderhüten alleine nicht mehr erfüllt und will wieder in die Arbeitswelt einsteigen. Daher muss eine Nanny her. In Louisa haben sie sich auf den ersten Blick verliebt. Doch wie man ja direkt erfährt, geht dies gewaltig nach hinten los, denn die überaus liebenswerte und absolut zuverlässige Nanny bringt die beiden Kinder um. Die Frage aller Fragen: Warum?

Auf gut 220 Seiten erfahren wir nun die Geschichte der Nanny und der Familie. Doch ich finde, dass sich alles so unglaublich langweilig hingezogen hat, dass ich beinahe eingeschlafen wäre. Louisa ist ein so unglaublich dummer Charakter und ich konnte ihr Leben und ihr handeln anhand der erhaltenen Infos nicht nachvollziehen. Auch die Familie an sich und deren Umgangsformen mochte ich von Anfang an nicht, weshalb ich mit der Geschichte einfach nicht warm wurde. Für mich gab es auf keiner Seite Emotionen oder sonstiges, ich war einfach nur enttäuscht. Hinzu kam, dass ich den Schreibstil der Autorin auch überhaupt nicht mochte. Er war in meinen Augen einfach nichtssagend. Aber vielleicht bin ich einfach für so "anspruchsvolle" Kost nicht geschaffen.

Für mich eindeutig ein Griff ins Klo, daher nur ein magerer Stern.