0 0,00*

Produktdetails

Verlag
Klett-Cotta Verlag
Klett-Cotta
Erschienen
2015
Sprache
Deutsch
Seiten
296
Infos
296 Seiten
107 mm x 170 mm
ISBN
978-3-608-94904-9

Zitat aus einer Besprechung

»In fast prophetischer Diktion ist der Neuausgabe ein kleines Vorwort vorangestellt, das im Schatten des beginnenden dritten Golfkriegs auch Gruens politisches Engagement reflektiert.«
Neue Zürcher Zeitung, 20.09.2003

Inhaltsverzeichnis



Inhalt




Anstatt eines Vorworts - Warnung vor einer neuen Katastrophe


Prolog - über unsere leidvolle Geschichte mit falschen Göttern


Das Problem Liebe


Die Schuld wird zur »Rettung«


Die Grundspaltung


Die Notwendigkeit der Feindbilder


Der Feind in der Liebe


Nochmals: die Situation des Kindes


Abhängigkeit und Gehorsam


Die Suche nach Erlösung


Identität durch Verschmelzen


Verschmelzung als Sicherung für das Selbst


Das Grundproblem: Wir kämpfen nicht mit dem wahren, sondern mit dem halluzinierten Feind


Die Bürde des ungelebten Lebens


Das Ungelebte


Die Angst, selbst zu sein, ist die Angst vor der Nähe


Die Suche nach falschen Göttern


Wer wird zu einem falschen Gott?


Der Psychopath als falscher Gott


Die Wissenschaft als falscher Gott


Über das Psychologisieren


Der Kindstod ist eine allgemeine Erscheinung


Verletzlichkeit und Größe


Größe als Beweggrund


Das Zeitalter der Psychopathen und Bürokraten


Was tun für den Frieden?


Ein Merkmal der falschen Götter


Aufgaben für den Frieden


Die Zukunft


Über den Gehorsam


Epilog - der Haß wächst


Anmerkungen


Literaturverzeichnis


Namenregister


Textauszug



Der Schmerz war und ist groß. Dieses Buch zu lesen, setzt eine persönliche Konfrontation mit dem täglich verbannten Leid voraus, das uns allen unerträglich geworden ist. Unerträglich, weil wir verlernt haben, mit dem Schmerz umzugehen. Wir haben es verlernt, weil unsere Kultur ihn verschmäht.




Die Geschichte des 20. Jahrhunderts ist die Geschichte eines ungeheuren Schmerzes und dessen Verleugnung. Damit verbunden ist die Unmöglichkeit, lieben zu können. Denn: Schmerz ohne Liebe, Liebe ohne Schmerz gibt es nicht. Sie sind wechselwirkend miteinander verbunden durch die empathische Fähigkeit, die unsere Menschlichkeit bestimmt und erst möglich macht.




Nicht erst die kriegerische Konfrontation 1991 am Persischen Golf brachte uns dieser Verheerung näher. Solange wir wegsehen, uns vom Leid abwenden, ja das Leid verneinen, obgleich wir es tagtäglich erleben, werden wir solchen Katastrophen nicht ausweichen können.




So richte ich mich an jene, die noch hören wollen, jene, die noch zweifeln können, die verletzbar sind, die sich noch nicht daran gewöhnt haben, ihren Schmerz zu verbannen, ihn deswegen tragen können. Bei ihnen liegt unsere Hoffnung. Sie haben das Potential der wahren Stärke, sich und somit die Welt zu retten.




Es ist bereits kurz nach zwölf. Die Welt steht wieder am Persischen Golf erneut vor einer Katastrophe, deren Ausmaß dieses Mal durch den von ihr erzeugten Haß alles zu vernichten droht. Wieder geht es um verratene Liebe, wieder sind es falsche Götter und falsche Helden, die uns dahin führen. Sie maßen sich an zu wissen, was für uns alle richtig ist. Ein blutiger und demütigender Krieg wird weder den USA noch der Welt Sicherheit bringen. Er wird vielmehr die Flammen eines Hasses schüren, der nicht mehr zu tilgen ist und der den Terror endlos nähren wird. Und Terror, unter welchem politischen, ideologischen oder religiösen Deckmantel er sich auch zu tarnen versteht, ist immer das Resultat eines Hasses auf das Leben selbst. Er ist ein Bündnis mit dem Tod, weil der Terrorist glaubt, sein Leid mit dem Ausrotten des Menschlichen zu tilgen.




Es scheint mir, daß unser Hang, dem Aggressor beizutreten, der wesentlichste Aspekt unserer gegenwärtigen Lage ist. Dadurch zementieren wir den Gehorsam. Dieser fesselt den Menschen und ist zugleich die Quelle einer unendlichen Wut und der Neigung zur Gewalt. Ihm angemessen und besser entgegentreten zu können, gehört zum Anliegen dieses Buches. Denn wenn wir nicht lernen, unsere eigene Geschichte, unsere eigene Vergangenheit in die Zukunft hineinzuholen, dann wird es bald keine Zukunft mehr geben. Dann wird nur noch der Tod das Leben bestimmen. Das tut er ja schon, wenn man uns weismacht, daß das Leben durch ökonomische Ziele bestimmt werden kann. Es ist das zwischenmenschlich Gemeinschaftliche, das wir wieder zurückholen müssen. Und die Zeit läuft uns davon.


Kurztext / Annotation



Wie können sich Menschen von ihren Verstrickungen in Haß, Schuld und Selbstmitleid lösen? Wie werden sie fähig, friedlich in Familien, mit »Fremden« und anderen Kulturen zu leben? Gibt es Hoffnung auf die Entmachtung der falschen Macht? Ein entschiedenes Plädoyer für eine friedensfähige Zukunft in den Zeiten einer von Terror und Krieg bedrohten Welt. 



Hauptbeschreibung



Wie können sich Menschen von ihren Verstrickungen in Haß, Schuld und Selbstmitleid lösen? Wie werden sie fähig, friedlich in Familien, mit »Fremden« und anderen Kulturen zu leben? Gibt es Hoffnung auf die Entmachtung der falschen Macht? Ein entschiedenes Plädoyer für eine friedensfähige Zukunft in den Zeiten einer von Terror und Krieg bedrohten Welt.




»Falsche Götter sind beides: Erzeugnis wie auch Erzeuger einer vergeblichen Suche nach einer Identität, die uns rettet. Solange wir uns der uns umgebenden Lieblosigkeit nicht wirklich stellen, werden wir zu keiner eigenen, in uns ruhenden Identität gelangen.«


Arno Gruen




Wie und warum werden wir zum willfährigen Werkzeug der Macht? Arno Gruen bietet keine neue und »erlösende« Schuldzuweisung, sondern er dringt zu jenem Kern in uns vor, für den wir selbst die Verantwortung tragen. Dort fängt die Entmachtung der Macht und eine friedensfähige Zukunft an.




Der Mensch strebt nach Autonomie, aber er unterwirft sich Autoritäten. Er verlangt nach Liebe, aber er macht sich abhängig. Wer ihm Glück verheißt, dem folgt er, ohne zu erkennen, daß der Weg ins Unglück führt. Warum ist das so? Wo liegen die Ursachen solch selbstzerstörerischen Verhaltens?




Ohne daß es uns bewußt ist, haben sich schon in unserer Kindheit Selbstverachtung und Selbsthaß in unserem Inneren eingenistet. Daraus entsteht eine lebenslange Verkettung von Haß, Schuld und Selbstmitleid. Die Suche nach Erlösung aber wird draußen gesucht, wo zahlreiche »Falsche Götter« uns Liebe in Aussicht stellen, tatsächlich aber nur Gefolgschaft erwarten. Wir folgen denen, die uns verachten, weil wir das Opfer in uns selbst hassen. Und so fängt die Verdrehung der Liebe an. Wir lieben, was wir hassen, und hassen, was wir lieben könnten. Dies hat politische Konsequenzen: Wir treten den Aggressoren bei.



Über den AutorIn

Arno Gruen, 1923 in Berlin geboren, emigrierte 1936 in die USA. Nach dem Studium der Psychologie leitete er ab 1954 die psychologische Abteilung der ersten therapeutischen Kinderklinik in Harlem. 1961 promovierte Arno Gruen als Psychoanalytiker bei Theodor Reik. Es folgten Professuren in Neurologie und Psychologie. Daneben führte er seit 1958 eine psychoanalytische Privatpraxis in Zürich, wo er seitdem lebte und praktizierte.

In seinen zahlreichen Veröffentlichungen beschäftigt sich Arno Gruen mit den psychologischen Ursachen für Autoritätsgläubigkeit, Fremdenhass, Gewalt und Diktatur sowie den emotionalen Voraussetzungen für Demokratie.

Für das bei Klett-Cotta erschienene Buch "Der Fremde in uns" erhielt Arno Gruen im Jahr 2001 den Geschwister-Scholl-Preis.

Am 20. Oktober 2015 verstarb Arno Gruen im Alter von 92 Jahren.