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Ferdinand Schirach

Terror: erweiterte Ausgabe

Das Theaterstück von Ferdinand von Schirach inklusive Essays, Hintergründe und Analysen

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Produktdetails

Verlag
btb Verlag
Erschienen
2020
Sprache
Deutsch
ISBN
978-3-641-27413-9

Kurztext / Annotation

Das erfolgreiche Theaterstück von Bestsellerautor Ferdinand von Schirach - plus hochkarätige Essays und ergänzende Texte zu »Terror«.
Ein Terrorist kapert eine Maschine der Lufthansa und zwingt die Piloten, Kurs auf die voll besetzte Allianz-Arena in München zu nehmen. Gegen den Befehl seiner Vorgesetzten schießt ein Kampfpilot der Luftwaffe das Flugzeug ab, alle Passagiere sterben. Der Mann muss sich vor Gericht für sein Handeln verantworten. Seine Richter sind die Zuschauer und Leser, sie müssen über Schuld und Unschuld urteilen.

»Terror« behandelt einen Stoff von bedrückender Aktualität. Das Stück stellt die Frage, wie wir in Zukunft leben wollen. Werden wir uns für die Freiheit oder die Sicherheit entscheiden? Wollen wir, dass die Würde des Menschen trotz der Terrorgefahr noch gilt?

Ergänzend widmen sich 13 namhafte Expertinnen und Experten den politischen, juristischen, ethischen und künstlerischen Fragestellungen des Stücks. Sie beleuchten Hintergründe, schildern persönliche Erfahrungen, geben Denkanstöße. Der Band enthält ferner Ferdinand von Schirachs Rede zur Eröffnung der Salzburger Festspiele sowie ein umfangreiches Gespräch mit dem Autor über Theater, Kritik und Gesellschaft.

Der Spiegel nannte Ferdinand von Schirach einen »großartigen Erzähler«, die New York Times einen »außergewöhnlichen Stilisten«, der Independent verglich ihn mit Kafka und Kleist, der Daily Telegraph schrieb, er sei »eine der markantesten Stimmen der europäischen Literatur«. Seine Bücher wurden vielfach verfilmt und zu millionenfach verkauften internationalen Bestsellern. Sie erschienen in mehr als vierzig Ländern. Die Theaterstücke Terror und Gott zählen zu den erfolgreichsten Dramen unserer Zeit, und Essaybände wie Die Würde des Menschen ist antastbar sowie die Gespräche mit Alexander Kluge Die Herzlichkeit der Vernunft und Trotzdem standen monatelang auf den deutschen Bestsellerlisten. Ferdinand von Schirach wurde vielfach mit Literaturpreisen ausgezeichnet. Er lebt in Berlin. Zuletzt erschienen von ihm u.a. die Erzählsammlung Nachmittage sowie der Theatermonolog Regen.

Textauszug

Erster Akt

Der Vorsitzende tritt vor den geschlossenen Vorhang. Er trägt einen dunklen Anzug, ein weißes Hemd und eine weiße Krawatte. Die Robe hat er über seinen Arm gelegt. Er spricht direkt zum Publikum.

VORSITZENDER

Guten Tag, meine Damen und Herren. Ich freue mich, dass Sie pünktlich kommen konnten. Parkplätze sind hier ja schwer zu finden, und das Haus ist doch etwas verwinkelt gebaut ... Schön jedenfalls, dass Sie es rechtzeitig geschafft haben. Bevor wir anfangen, möchte ich Sie bitten, alles zu vergessen, was Sie über diesen Fall gelesen oder gehört haben. Wirklich alles. Nur Sie sind dazu berufen, hier zu urteilen, Sie sind die Schöffen, die Laienrichter, die heute über den Angeklagten Lars Koch zu Gericht sitzen. Das Gesetz stattet Sie mit der Macht aus, über das Schicksal eines Menschen zu entscheiden. Bitte nehmen Sie diese Verantwortung ernst. Sie werden ausschließlich über das urteilen, was Sie hier in der Verhandlung hören. Wir Juristen nennen das »aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung schöpfen«. Also: Nur das, was der Angeklagte, die Zeugen, die Nebenkläger und Sachverständigen in diesem Verhandlungssaal sagen, nur die Beweise, die wir hier erheben, werden Grundlage Ihres Urteils sein. Am Ende des Prozesses werden Sie Ihre Stimme abgeben müssen, und ich werde das Urteil verkünden, das Sie finden werden.

In einem Gerichtsverfahren spielen wir die Tat nach, das Gericht ist eine Bühne. Natürlich führen wir kein Theaterstück auf, wir sind ja schließlich keine Schauspieler. Wir spielen die Tat durch Sprache nach, das ist unsere Art, sie zu erfassen. Sie hat sich seit Langem bewährt. Vor Hunderten von Jahren trafen sich die Richter an einem besonderen, einem als heilig geltenden Platz, dem Thing. Recht sprechen hieß damals, eine Unordnung wieder in Ordnung bringen. Wenn ein Unheil geschah  - der Überfall eines fremden Stammes zum Beispiel  -, wurde an diesem Platz immer wieder darüber gesprochen: Welche Frau wurde bei dem Überfall vergewaltigt? Welche Hütte niedergebrannt? Welcher Mann ermordet? Unsere Vorfahren wussten, dass das Böse so seinen Schrecken verlieren kann. Ob es uns heute noch gelingt?  - Ich bin mir nicht sicher. Aber wir müssen es versuchen. Ein Richter kennt die Kategorie des »Bösen« nicht. Seine Urteile sind nicht Hölle und Verdammnis, sondern Freispruch, Gefängnis oder Sicherungsverwahrung.

Urteilen Sie also ruhig und gelassen. Und vor allem: Denken Sie daran, dass vor Ihnen ein Mensch sitzt; er hat die gleichen Träume wie Sie, die gleichen Bedürfnisse, er strebt, wie Sie, nach Glück. Bleiben Sie deshalb bei Ihrem Urteil selbst Menschen.

So, ich würde jetzt gerne anfangen, aber wir müssen noch auf den Verteidiger warten  - er ist zu spät.

Der Wachtmeister tritt von hinten an den Vorsitzenden heran, sagt leise etwas zu ihm, der Vorsitzende nickt. Der Wachtmeister tritt ab.

VORSITZENDER

Ich höre, dass er endlich eingetroffen ist. Na dann, fangen wir also an.

Der Vorsitzende tritt ab und streift sich im Gehen die Robe über.

Ein Gerichtssaal. In der Mitte der Richtertisch, an dem rechts die Protokollführerin sitzt, der Stuhl des Vorsitzenden ist leer. Links unter einem Fenster sitzt die Staatsanwältin, daneben etwas tiefer die Nebenklägerin, rechts der Verteidiger. Der Angeklagte sitzt in einer Zelle hinter dem Verteidiger. In der Mitte vor dem Richtertisch stehen ein Stuhl und ein Tisch für die Zeugen. Der Wachtmeister sitzt auf einem Hocker neben der Tür. Die Staatsanwältin und die Protokollführerin tragen schwarze Roben, weiße Blusen und weiße Halstücher. Der Angeklagte ist in Luftwaffenuniform erschienen. Der Wachtmeister trägt die Uniform der Justizbeamten des Landes Berlin. Der Verteidiger trägt keine Robe. Der Vorsitzende betritt den Saal

Beschreibung für Leser

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