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Carmen Oelkers, Christine Schink

Ganz zwanglos?

Wie sich Betroffene und Angehörige aus dem Zwang befreien können

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Produktdetails

Verlag
Julius Beltz GmbH
Erschienen
2010
Sprache
Deutsch
Seiten
196
Infos
196 Seiten
ISBN
978-3-621-28080-8

Kurztext / Annotation

Jeder prüft einmal nach, ob er die Tür abgeschlossen oder das Bügeleisen abgeschaltet hat. Das ist aber nicht zu vergleichen mit den Einschränkungen, die eine Zwangserkrankung mit sich bringt: Bis zu hundert Mal waschen sich die Betroffenen die Hände, kontrollieren so häufig Türen und Fenster, dass Arbeitsalltag und soziale Beziehungen kaum noch aufrechterhalten werden können. Der Ratgeber informiert über die Störung, ihre Entstehung und Behandlungsmöglichkeiten. Es kann auch therapiebegleitend eingesetzt werden: mit Tipps, Checklisten, Dialogbeispiele für die Phasen vor, während und nach der Therapie für die Betroffenen selbst, aber auch die Angehörigen. Aus dem Inhalt I. Alles, was Sie über Zwänge wissen sollten (Ab wann ist es Zwang? Wie entsteht eine Zwangserkrankung? Welche Behandlungsmöglichkeiten helfen?) II. Was Zwangserkrankte neben einer Therapie für sich tun können (Was hilft mir im Vorfeld einer Therapie? Was kann ich während einer Therapie für mich tun? Wie kann ich nach Ende der Therapie meine Fortschritte erhalten?) III. Die wichtige Rolle der Angehörigen (Was kann ich während einer Therapie für den Betroffenen und für mich tun? Wie verändert sich meine Rolle als Angehöriger, wenn die Zwänge des Betroffenen weniger werden?)

Dr. Carmen Oelkers, wissenschaftliche Mitarbeiterin am psychologischen Institut der Eberhard-Karls-Universität, Tübingen. Dipl.-Psych. Christine Schink, Universität Tübingen

Textauszug

1   Ab wann ist es Zwang?

Redewendungen wie »Da bin ich zwanghaft!« oder »Der hat da so einen Tick ...« sind mittlerweile in unserer Alltagssprache weit verbreitet. Ganz oft beziehen sie sich in humorvoller Weise auf bestimmte Verhaltensweisen oder Eigenschaften eines Menschen, bei denen er vielleicht »eigen« oder etwas »komisch« ist. Vielleicht bezeichnet die Freundin einer fleißigen Hausfrau diese als »zwanghaft«, weil sie einmal in der Woche mit großem Enthusiasmus ihre Wohnung putzt. Genauso kann ein Angestellter im Büro, der jeden Abend seinen Schreibtisch aufräumt, von seinen Kollegen aufgezogen werden: »Mensch, du bist ja schon zwanghaft!« Dennoch ist zunächst einmal davon auszugehen, dass diese Dinge in einem »normalen« Rahmen ablaufen.

Ab wann aber würden wir von zwanghaftem Verhalten im Sinne einer Krankheit reden? Wo genau liegt die Grenze zwischen »normal« und Zwang? Wie erkenne ich eine Zwangserkrankung? Zunächst möchten wir Ihnen über zwei ausführlichere Beispiele etwas Klarheit darüber verschaffen, worin die wesentlichen Unterschiede zwischen Beispielen wie denen oben und einer Zwangserkrankung bestehen.

Frau Meier fährt mit ihrer Familie in den Urlaub, das Auto ist fertig beladen. Die Kinder Johanna und Lars streiten lautstark darum, wer hinter der Mama sitzen darf. Herr Meier unterhält sich noch in aller Seelenruhe mit dem Nachbarn, während Frau Meier und die Kinder immer ungeduldiger werden. Frau Meier ermahnt ihren Mann, dass sie nun endlich losfahren wollen. Nachdem sie zwei Kilometer gefahren sind, fragt Frau Meier ihren Mann: »Habe ich überhaupt abgeschlossen?« Herr Meier meint dazu: »Das musst du doch wissen!« Frau Meier versucht sich zu erinnern, was sie im letzten Moment vor dem Verlassen des Hauses getan hat. Sie wird immer unsicherer und bittet ihren Mann, obwohl sich dieser deswegen über sie lustig macht, noch einmal zum Haus zurück zu fahren. Dort stellt sie fest, dass sie die Haustür tatsächlich abgeschlossen hatte. Sie fühlt sich daraufhin zwar etwas dumm, fährt nun aber beruhigt mit ihrer Familie in den Urlaub. Frau Meier und ihre Familie genießen ihren Urlaub in vollen Zügen.

Frau Lehmann fährt ebenfalls mit ihrer Familie in den Urlaub. Das Auto ist schon seit einer Stunde voll beladen, die beiden Kinder rennen ums Auto herum und kramen trotz mehrmaligem Verbot ihrer Mutter in der Provianttasche nach Gummibärchen. Herr Lehmann schaut noch einmal auf den Öl- und Wasserstand. Frau Lehmann hat schon dreimal im ganzen Haus überprüft, vom Dachboden bis zum Keller, ob alle Fenster geschlossen, alle Wasserhähne wirklich zugedreht und alle Elektrogeräte ausgestöpselt sind. Dabei war sie sehr gründlich, hat z.B. extra die Hand unter die Wasserhähne gehalten, um sicherzugehen, dass diese nicht tropfen. Trotzdem fühlt sie sich auch jetzt unsicher, aber ihr Mann hat schon mehrmals mit wachsendem Ärger gefragt, ob sie nun endlich mit dem Kram fertig sei. Als sie die Haustür abschließt, möchte sie am liebsten noch einmal in die Wohnung zurückgehen, aber die wütende Stimme ihres Mannes hält sie davon ab. Nachdem sie den Schlüssel umgedreht hat, drückt sie mehrmals die Klinke runter und rüttelt an der Tür, um zu überprüfen, ob die Tür wirklich geschlossen ist. Vorsichtshalber fährt sie auch mit dem Finger noch den Türrahmen ab. Danach geht sie mit starkem Herzklopfen und hoher innerer Anspannung zum Auto. Nachdem sie zwei Kilometer gefahren sind, kommt in ihr der Gedanke auf: »Mensch! Habe ich wirklich die Tür abgeschlossen und sind auch wirklich alle Geräte aus? Ein Einbruch würde uns ruinieren. Es wäre auch fürchterlich, wenn es eine Überschwemmung oder einen Kurzschluss gäbe. Wenn das Haus abbrennt oder die Nachbarn einen Wasserschaden haben, dann wäre ich schuld!« Als sie ihren Mann bittet, noch einmal zurückzufahren, wird dieser richtig wütend und schreit: »Du immer mit deinen ewigen Kontrollen!

Beschreibung für Leser

Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Über den AutorIn

Dr. Carmen Oelkers ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am psychologischen Institut der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen.