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Produktdetails

Verlag
Insel Verlag
Erschienen
2022
Sprache
Deutsch
Seiten
282
Infos
282 Seiten
ISBN
978-3-458-77327-6

Kurztext / Annotation

Stefan Zweig zeichnet das scharfsinnige Porträt eines Machtmenschen mit vielen Gesichtern - vom Priester zum Revolutionär, vom Kommunisten zum Royalisten, unter Napoleon intriganter Polizeiminister. Joseph Fouché passt sich politischen Veränderungen chamäleongleich an und weiß sie geschickt zu nutzen, stets auf seinen eigenen Vorteil bedacht, fast immer aus dem Hintergrund wirkend. Sein Handeln wird nicht von Idealen bestimmt, sondern von der Suche nach größtmöglicher Macht.

Balzac nennt ihn den »psychologisch interessantesten Charakter seines Jahrhunderts«, Stefan Zweig widmet ihm eine seiner meisterlichen Biografien, in der er mit großer Erzählkraft den Charakter dieses gewieften wie skrupellosen Politikers beleuchtet.



Stefan Zweig, wurde am 28. November 1881 in Wien geboren und starb am 23. Februar 1942 in Petrópolis bei Rio de Janeiro. Er studierte Philosophie, Germanistik und Romanistik in Berlin und Wien, reiste viel in Europa, nach Indien, Nordafrika, Nord- und Mittelamerika. 1938 emigrierte Zweig nach England, ging 1940/41 nach New York, dann nach Brasilien, wo er sich 1942 das Leben nahm.

Textauszug

Vorwort

Joseph Fouché, einer der mächtigsten Männer seiner Zeit, einer der merkwürdigsten aller Zeiten, hat wenig Liebe gefunden bei seiner Mitwelt und noch weniger Gerechtigkeit bei der Nachwelt. Napoleon auf St. Helena, Robespierre bei den Jakobinern, Carnot, Barras, Talleyrand in ihren Memoiren, allen französischen Geschichtsschreibern, ob royalistisch, republikanisch oder bonapartistisch, läuft sofort Galle in die Feder, sobald sie nur seinen Namen hinschreiben. Geborener Verräter, armseliger Intrigant, glatte Reptiliennatur, gewerbsmäßiger Überläufer, niedrige Polizeiseele, erbärmlicher Immoralist - kein verächtliches Schimpfwort wird an ihm gespart, und weder Lamartine noch Michelet noch Louis Blanc versuchen ernstlich, seinem Charakter oder vielmehr seiner bewunderswert beharrlichen Charakterlosigkeit nachzuspüren. Zum erstenmal erscheint seine Gestalt in wirklichem Lebensumriß in jener monumentalen Biographie Louis Madelins (der diese wie jede andere Studie den Großteil ihres Tatsachenmaterials verdankt); sonst hat die Geschichte einen Mann, der innerhalb einer Weltwende alle Parteien geführt und als einziger sie überdauert, der im psychologischen Zweikampf einen Napoleon und einen Robespierre besiegte, ganz still in die rückwärtige Reihe der unbeträchtlichen Figuranten abgeschoben. Ab und zu geistert seine Gestalt noch durch ein Napoleonstück oder eine Napoleonoperette, aber dann meist in der abgegriffenen schematischen Charge des gerissenen Polizeiministers, eines vorausgeahnten Sherlock Holmes; flache Darstellung verwechselt ja immer eine Rolle des Hintergrunds mit einer Nebenrolle.

Ein einziger hat diese einzigartige Figur groß gesehen aus seiner eigenen Größe, und zwar nicht der Geringste: Balzac. Dieser hohe und gleichzeitig durchdringende Geist, der nicht nur auf die Schaufläche der Zeit, sondern immer auch hinter die Kulissen blickte, hat rückhaltlos Fouché als den psychologisch interessantesten Charakter seines Jahrhunderts erkannt. Gewöhnt, alle Leidenschaften, die sogenannten heroischen ebenso wie die sogenannten niedrigen, in seiner Chemie der Gefühle als vollkommen gleichwertige Elemente zu betrachten, einen vollendeten Verbrecher, einen Vautrin, ebenso zu bewundern wie ein moralisches Genie, einen Louis Lambert, niemals unterscheidend zwischen sittlich und unsittlich, sondern immer nur den Willenswert eines Menschen messend und die Intensität seiner Leidenschaft, hat Balzac sich gerade diesen einen verachtetsten, geschmähtesten Menschen der Revolution und der Kaiserzeit aus seiner beabsichtigten Verschattung geholt. »Den einzigen Minister, den Napoleon jemals besessen«, nennt er dieses »singulier génie«, dann wieder »la plus forte tête que je connaisse«, und andern Ortes »eine derjenigen Gestalten, die so viel Tiefe unter jeder Oberfläche haben, daß sie im Augenblick ihres Handelns undurchdringlich bleiben und erst nachher verstanden werden können.« - Das klingt bedeutend anders als jene moralistischen Verächtlichkeiten! Und mitten in seinem Roman »Une ténébreuse affaire« widmet er diesem »düstern, tiefen und ungewöhnlichen Geist, der wenig bekannt ist«, ein besonderes Blatt: »Sein eigenartiges Genie«, schreibt er, »das Napoleon eine Art von Furcht einjagte, offenbarte sich nicht auf einmal. Dieses unbekannte Konventmitglied, einer der außerordentlichsten und zugleich der am falschesten beurteilten Männer seiner Zeit, wurde erst in den Krisen zu dem, was er nachher war. Er erhob sich unter dem Direktorium zu jener Höhe, von der aus tiefe Männer die Zukunft zu erkennen wissen, indem sie die Vergangenheit richtig beurteilen; dann gab er mit einmal, wie manche mittelmäßige Schauspieler, durch eine plötzliche Erleuchtung aufgeklärt, ausgezeichnete Darsteller werden, während des Staatsstreiches am 18. Brumaire Beweise seiner Geschicklichkeit. Dieser Mann mit dem blassen Gesicht, unter klösterlicher Zucht aufgewachsen, welcher alle G

Beschreibung für Leser

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