0 0,00*

Produktdetails

Verlag
btb Verlag
Pelikanen Forlag
Erschienen
2018
Sprache
Deutsch
Seiten
640
Infos
640 Seiten
ISBN
978-3-641-17439-2

Kurztext / Annotation

Karl Ove Knausgård sitzt mit Frau, vier Kindern und Hund zu Hause in Schonen. Er schaut Fußball im Fernsehen und schläft vor dem Bildschirm ein. Er mag Spiele, die Unentschieden ausgehn, Zigaretten, Kaffee und Argentinien.

Fredrik Ekelund ist nicht zu Hause. Er ist in Brasilien, wo er am Strand Fußball spielt und Public Viewing betreibt. Er liebt Spiele, die 4:3 ausgehen, Caipirinha und Brasilien.

'Kein Heimspiel' ist ein ungewöhnliches Fußballbuch, in dem zwei Autoren die WM in Brasilien und den Fußball als Ausgangspunkt für Reflexionen über Leben und Tod, Kunst und Politik, Klasse und Literatur nutzen. 'Faszinierend, fesselnd, aufschlussreich.' Sunday Times



Karl Ove Knausgård wurde 1968 geboren und gilt als wichtigster norwegischer Autor der Gegenwart. Die Romane seines sechsbändigen, autobiographischen Projektes wurden weltweit zur Sensation. Sie sind in 35 Sprachen übersetzt und vielfach preisgekrönt. 2015 erhielt Karl Ove Knausgård den WELT-Literaturpreis, 2017 den Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur, 2022 nahm er in Kopenhagen den Hans-Christan-Andersen-Literaturpreis entgegen. Er lebt in London.

Textauszug

Glemmingebro, 11. Juni

Lieber Fredrik,

du hast recht: die Kontraste könnten nicht größer sein. Ungefähr zu der Zeit, als du in Rio de Janeiro aus dem Flugzeug gestiegen bist, war ich auf einem Klassenfest meiner ältesten Tochter, am Strand, einige Kilometer von hier, wir haben zuerst Würstchen gegrillt und dann Schlagball gespielt: dritte Klasse gegen Eltern, mit langen Schatten im Licht der untergehenden Sonne. Ich wollte dir eigentlich schreiben, sobald die Kinder im Bett liegen, gegen neun, aber ich war vor wenigen Tagen in den USA und habe immer noch Probleme mit dem Jetlag: Um halb neun schlief ich deshalb in voller Montur ein, mit allen Kindern um mich herum, und wachte erst um halb zwei in der Nacht wieder auf, umgeben von Stille. Der Reserveplan war, heute Vormittag zu schreiben, ich hatte eine Nanny bestellt, so heißen die jetzt, die sich um unsere vier Monate alte Tochter kümmern sollte, während ich schreibe. Anne, das ist der Name unserer kleinen Tochter, ist für gewöhnlich sanft und fröhlich und macht nie Probleme - sie schläft um halb neun und wacht morgens um sechs oder halb sieben wieder auf -, aber ausgerechnet heute schrie sie wie besessen. Das Kindermädchen kam nicht mir ihr zurecht, ich musste ihr Anne abnehmen, sie zunächst beruhigen, ihr danach etwas zu essen geben und die Windeln wechseln. Und als ich sie dann aus der Hand gab, was passierte? Ein neuer Anfall, sie brüllte, bis ihr Gesicht rot angelaufen war und die Tränen aus den Augen sprangen. Ich übernahm wieder, und als sie sich beruhigt hatte, nahm die Nanny sie im Kinderwagen mit. Sie sind noch immer draußen und gehen im nieselnden Sommerregen spazieren. Und ich kann endlich schreiben.

Aus dem reichen, dichten und großzügigen Brief, den du gestern geschrieben hast, ziehe ich den offensichtlichen Schluss, dass du ein Romantiker bist. Habe ich recht damit? Auf jeden Fall war das, was du geschrieben hast, für mich romantisch. Studium in Paris, Foucault und Derrida, die Begegnung mit jungen Menschen aus Südamerika - ich denke daran, was Paris für die lateinamerikanischen Schriftsteller bedeutet hat, vor allem für Cortázar, der viele Jahre in Paris im Exil lebte und dort einige der fantastischsten Geschichten schrieb, die ich je gelesen habe. Was du schreibst, erzeugt einen Sog bei mir, dort sein zu wollen, und ein Gefühl, dass es zu spät ist, dass sämtliche Züge abgefahren sind. Aber du warst dort. Und man hatte gerade dein erstes Buch angenommen - auch das ist romantisch, der junge Schriftsteller in Paris. Und auf einen letzten romantischen Punkt in deinem Brief möchte ich auch noch hinweisen, bevor ich damit aufhöre, und der hat mit der Arbeiterbewegung zu tun, sowohl die Beschreibungen der manuellen Arbeit, die sich in einigen deiner Bücher finden, als auch die Solidarität mit der arbeitenden Klasse. Als du mich einen Tag, bevor du aufgebrochen bist, hier im Garten besucht hast, haben wir über einen Aspekt gesprochen, über deine Faszination für die norwegische Kommunistische Arbeiterpartei AKP und nicht zuletzt für ihre vielen guten Autoren. Vor allem Dag Solstad, aber auch der Gentleman am Rande, der einzigartige Kjartan Fløgstad, der eine Sonderstellung genießt (auch in dem Sinne, dass er immer allein dasteht). Er war nie AKP-Mitglied, aber links, und sein Werk hat eine starke und nachhaltige Unterströmung. Von Schweden aus gesehen haben die siebziger Jahre in Norwegen und wie sie in der Literatur verarbeitet wurden etwas Exotisches. Wenn man aber wie ich in Norwegen aufgewachsen ist, war es weder romantische noch exotische Literatur, es war ganz einfach die absolut dominierende Literatur. Ich glaube, man darf die Bedeutung der dominierenden Literatur in der Zeit, in der man aufwächst, gar nicht unterschätzen, der Literatur, die einem so nahe ist, dass man sie im Vergleich zu den Büchern, die man später selbst schreibt, gar nicht erkennt. Dag Solstad, das war di

Beschreibung für Leser

Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Über den AutorIn

Ulrich Sonnenberg, geb. 1955, arbeitete nach seiner Buchhändlerlehre mehrere Jahre in Kopenhagen und war bis Ende 2003 Verkaufsleiter der Verlage Suhrkamp und Insel in Frankfurt am Main. Seit Anfang 2004 lebt und arbeitet er als freier Übersetzer, Herausgeber und Publizist in Frankfurt am Main. Karl Ove Knausgård wurde 1968 geboren und gilt als wichtigster norwegischer Autor seiner Generation. Als erster Debütant überhaupt bekam er den Norwegischen Kritikerpreis verliehen. 2015 wurde Karl Ove Knausgård mit dem 17. Welt-Literaturpreis für sein literarisches Gesamtwerk ausgezeichnet.