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Produktdetails

Verlag
Heyne Verlag
Tor Books
Erschienen
2017
Sprache
Deutsch
Seiten
432
Infos
432 Seiten
ISBN
978-3-641-21740-2

Kurztext / Annotation

Black Spring ist ein beschauliches Städtchen im idyllischen Hudson Valley. Hier gibt es Wälder, hier gibt es Natur - und hier gibt es Katherine, eine dreihundert Jahre alte Hexe, die den Bewohnern von Black Spring gelegentlich einen kleinen Schrecken einjagt. Dass niemand je von Katherine erfahren darf, das ist dem Stadtrat von Black Spring schon lange klar, deshalb gelten hier strenge Regeln: kein Internet, kein Besuch von außerhalb oder Katherines Fluch wird sie alle treffen. Als die Teenager des Ortes jedoch eines Tages genug von den ständigen Einschränkungen haben und ein Video der Hexe posten, bricht in Black Spring im wahrsten Sinne des Wortes die Hölle los ...

Thomas Olde Heuvelt wurde 1983 in Nijmegen, Niederlande, geboren. Er studierte Englisch und Amerikanistik an der Radboud Universität Nijmegen und an der University of Ottawa in Kanada, wo er ein halbes Jahr lang lebte. Seine Kurzgeschichte »The Day the World turned upside down« wurde mit dem Hugo Award ausgezeichnet, andere Kurzgeschichten wurden für den Hugo Award und den World Fantasy Award nominiert. Seit ihm mit »Hex« der internationale Durchbruch gelang, ist Thomas Olde Heuvelt in den Niederlanden ein gefeierter Starautor, der mit seinen Romanen regelmäßig die Bestsellerlisten erobert.

Textauszug

1

Steve Grant bog gerade rechtzeitig um die Ecke des Parkplatzes hinter dem Supermarkt von Black Spring, um Zeuge zu werden, wie Katherine van Wyler von einer antiken Niederländischen Drehorgel überrollt wurde. Kurz dachte er, es handle sich um eine optische Täuschung, denn statt rücklings auf die Straße geschleudert zu werden, verschmolz die Frau mit den verschnörkelten Schnitzereien, gefiederten Engelsflügeln und chromfarbenen Orgelpfeifen. Dahinter war Marty Keller zu sehen, der die Drehorgel mithilfe der Anhängerkupplung rückwärtsgeschoben hatte und nun auf Lucy Everetts Geheiß hin zum Stehen brachte. Obwohl weder ein Aufprall zu hören gewesen noch irgendwo Blut zu sehen war, kamen sofort von allen Seiten Leute mit jener Dringlichkeit angelaufen, die Dorfbewohner im Angesicht eines Unfalls auf offener Straße stets anzutreiben scheint. Nur ließ niemand die Einkaufstüten fallen, um der Dame aufzuhelfen ... gab es nämlich eine Sache, welche die Bewohner von Black Spring noch mehr schätzten als Geschäftigkeit, so war es die achtsame Beharrlichkeit, sich so wenig wie irgend möglich in Katherines Angelegenheiten einzumischen.

»Nicht zu nah ran!«, rief Marty und streckte einem kleinen Mädchen die Hand entgegen, das sich mit zaghaften Schritten genähert hatte, augenscheinlich weniger von dem bizarren Unfall als von der Pracht der kolossalen Musikmaschine angezogen. Steve wusste natürlich, dass es sich nicht wirklich um einen Unfall gehandelt hatte. Im Schatten unterhalb der Drehorgel konnte er zwei schmutzige Füße und den schlammverkrusteten Saum von Katherines Kleid erkennen. Er lächelte gutmütig: Also war es tatsächlich eine optische Täuschung. Zwei Sekunden später schmetterte bereits das Leitmotiv des Radetzky-Marschs über den Parkplatz.

Steve wurde etwas langsamer. Am Ende seiner großen Runde war er zwar erschöpft, aber durchaus mit sich zufrieden: fünfzehn Meilen am Rand des Bear Mountain State Park bis nach Fort Montgomery und dann den Hudson hoch bis zur Militärakademie von West Point (die von den Leuten hier schlicht Der Point genannt wurde), wo er wieder heimwärts abgebogen war. Zurück zwischen die Hügel, tief in den Wald. Er fühlte sich wunderbar, und das nicht nur, weil Laufen der beste Weg war, all die Spannungen loszuwerden, die ein langer Unterrichtstag an der New York Med in Valhalla unweigerlich mit sich brachte. Es war vor allem die herrlich herbstliche Brise außerhalb von Black Spring, die ihn in solche Hochstimmung versetzte, durch seine Lunge wirbelte und den Geruch seines ehrlich erarbeiteten Schweißes gen Westen davontrug. Natürlich war das alles seelisch bedingt. Die Luft in Black Spring war vollkommen in Ordnung ... zumindest hätte man mit wissenschaftlichen Analysen nichts Gegenteiliges feststellen können.

Die Musik hatte auch den Koch von Rubys Rippchen hinter seinem Grill hervorgelockt. Er gesellte sich zu den übrigen Schaulustigen und starrte die mächtige Drehorgel argwöhnisch an. Steve ging um sie herum und wischte sich die Stirn am Ärmel trocken. Als er sah, dass die kunstvoll lackierte Seite des Leierkastens in Wahrheit eine Schwingtür war, die darüber hinaus offen stand, konnte er ein Grinsen nicht länger unterdrücken. Die Orgel war von Dach bis Achse vollkommen hohl. Als Lucy die Tür schloss und den Blick aufs Innenleben versperrte, stand Katherine noch immer reglos in der Dunkelheit. Jetzt war die Orgel wieder ganz Orgel - und Menschenskind, wie sie aufspielte.

»Hey«, sagte er, immer noch außer Atem, die Hände in die Hüften gestemmt. »Haben Mulder und Scully mal wieder Geld in die Stadtkasse gespült?«

Marty kam auf ihn zu und grinste. »Das sagst du so. Hast du 'ne Ahnung, was diese Scheißdinger kosten? Ich sag dir, da wird echt jeder Cent zweimal umgedreht.« Er bedachte die Drehorgel mit einer schnellen Kopfbewegung. »Das Teil ist nur 'ne Attrappe. Eine Replik der Orgel aus dem Altholland-Museum drüben in Peekskill.

Beschreibung für Leser

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