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Produktdetails

Verlag
Suhrkamp
Erschienen
2010
Sprache
Deutsch
Seiten
315
Infos
315 Seiten
ISBN
978-3-518-73120-8

Kurztext / Annotation

Helmer van Wonderen räumt auf. Er verfrachtet seinen bettlägerigen Vater ins Obergeschoß des alten Bauernhauses, entrümpelt das Erdgeschoss, streicht die Wände und schafft neue Möbel an. Das Gemälde mit den schwarzen Schafen, die Fotografien von Mutter und die alte Standuhr kommen nach oben, alle Pflanzen, die blühen können, auf den Misthaufen. Und da Vater ihm nicht den Gefallen tut, einfach zu verschwinden, sich von einem Windstoß hinwegfegen zu lassen oder wenigstens zu sterben, richtet der Sohn sein Leben unten neu ein. Doch die ländliche Ruhe währt nicht lang, denn Helmers Neffe Henk, der pubertierende Sohn seines verstorbenen Zwillingsbruders, soll bei seinem Onkel das Arbeiten lernen ... Genau in der Beobachtung von Mensch und Natur, subtil in der Anspielung und von zärtlicher Skurrilität, entwickelt Bakkers trockener, lakonischer Erzählstil von der ersten Seite an einen unwiderstehlichen Sog.

Gerbrand Bakker, 1962 in Wieringerwaard geboren, ist Autor und Gärtner, hin und wieder auch Eisschnelllauftrainer. Für seine Romane, die in mehr als 20 Sprachen übersetzt wurden, hat er zahlreiche Preise erhalten. Bakker lebt in Amsterdam und in der Eifel.

Textauszug

18

»Schweinebauern gibt es nicht.«

»Wie meinst du das?«

»Schweinemäster, ja, aber das sind keine Bauern.«

»Wieso nicht?«

»Hatte dein Mann Land?«

»Ja.«

»Wieviel Hektar?«

»Ein Stück zwischen den Ställen und daneben.«

»Genau das meine ich. Ein Bauer hat Land, und er macht etwas aus diesem Land. Schweinemäster mästen Schweine, in großen Ställen, bis sie schlachtreif sind, und das hat nichts mit dem zu tun, was ein Bauer macht . . .«

»Auf dem einen hing die Wäscheleine und auf einem anderen war die Maismiete.«

» das hat nur was mit Geldverdienen zu tun.« Ich stehe im Flur und schaue durchs Küchenfenster nach draußen. Es regnet. Das unbeständige Tauwetter ist endlich in richtiges Tauwetter übergegangen, und die Gräben, die noch nicht ganz eisfrei sind, dampfen jetzt. Seltsamerweise hat es heute nacht wieder etwas gefroren, nachdem es gestern den ganzen Tag sonnig war. Ich habe nicht die geringste Ahnung, was Riet gerade sieht. Dieses Telefongespräch verläuft nicht ganz so, wie es sollte. Riet (die sich mit dem Namen ihres verstorbenen Mannes meldete) ließ das Wort Schweinebauern fallen, und ich konnte mir nicht verkneifen, etwas dazu zu sagen. Am liebsten würde ich auflegen.

»Komm, Helmer, laß uns von was anderem reden.«

»Ja«, sage ich.

»Darf ich mal kommen?«

»Deshalb rufe ich an.«

»Wie Ist dein Vater. . .«

»Tot.« Mir wird schon irgendeine Lösung einfallen.

»Ach«, sagt Riet, als ob es ihr plötzlich leid täte.

»Schon gut.«

Einen Augenblick bleibt es still, irgendwo dort unten in Brabant. »Hattest du ein schönes Weihnachtsfest?«

»Doch, ja.«

»Und letzte Nacht?«

»Ich hab ein Neujahrsfeuer gemacht.«

»Wie früher!«

»Ja. Die beiden kleinen Söhne von meinen Nachbarn sind gekommen, die wollten zusehen. Und helfen natürlich.«

»Schön.«

»Ja. Nur hat der jüngere, Ronald, sich ein bißchen die Hand verbrannt.«

»Ach . . .«

»Nicht schlimm. Er mußte selbst lachen, und er fand sich auch tapfer. Zum Glück war seine Mutter dabei.«

»Wann soll ich kommen? Ich kann jederzeit.«



Ich kann jederzeit. Mein halbes Leben lang habe ich an nichts gedacht. Ich habe mich unter die Kühe gebückt, jeden Tag wieder. Manchmal könnte ich sie verfluchen, die Kühe. Andererseits, ihre Wärme und Ruhe, wenn man sich mit der Stirn auf ihre Flanken stützt und ihnen das Melkzeug anhängt das hat auch etwas. Nichts wirkt so beruhigend, so friedlich wie ein Stall voll gleichmäßig atmender Kühe an einem Winterabend. Kühe, tagaus, tagein, Sommer, Herbst, Winter, Frühling.

Riet sagt »ich kann jederzeit«, und diese drei Wörter entziehen allem den Boden. Ich sehe die Leere ihres Daseins vor mir, und mit ihrer Leere sehe ich meine.

Wenn ich die Kühe verfluchen möchte, meine ich nat&

Langtext

Helmer van Wonderen räumt auf. Er verfrachtet seinen bettlägerigen Vater ins Obergeschoß des alten Bauernhauses, entrümpelt das Erdgeschoss, streicht die Wände und schafft neue Möbel an. Das Gemälde mit den schwarzen Schafen, die Fotografien von Mutter und die alte Standuhr kommen nach oben, alle Pflanzen, die blühen können, auf den Misthaufen. Und da Vater ihm nicht den Gefallen tut, einfach zu verschwinden, sich von einem Windstoß hinwegfegen zu lassen oder wenigstens zu sterben, richtet der Sohn sein Leben unten neu ein. Doch die ländliche Ruhe währt nicht lang, denn Helmers Neffe Henk, der pubertierende Sohn seines verstorbenen Zwillingsbruders, soll bei seinem Onkel das Arbeiten lernen Genau in der Beobachtung von Mensch und Natur, subtil in der Anspielung und von zärtlicher Skurrilität, entwickelt Bakkers trockener, lakonischer Erzählstil von der ersten Seite an einen unwiderstehlichen Sog.

Beschreibung für Leser

Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet