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Produktdetails

Verlag
Ars Vivendi
ars vivendi
Erschienen
2003
Sprache
Deutsch
Seiten
316
Infos
316 Seiten
198 mm x 131 mm
ISBN
978-3-89716-174-0

Hauptbeschreibung

Band 19. Tragödie.

Der dunkelhäutige Maure Othello, ein Feldherr in venezianischen Diensten, hat heimlich Desdemona, die Tochter des Senators Brabantio, geheiratet. Sein Fähnrich Jago, der sich von Othello bei einer Beförderung übergangen fühlt, und Roderigo, der Desdemona liebt, schlagen mit dieser Nachricht vor dem Haus Brabantios Lärm. Der empörte Venezianer eilt in den Senat, um Othello der Verführung anzuklagen. Doch Desdemona bekennt sich offen zu ihrem Gatten. Der Doge, eingenommen von der Geschichte, stimmt der Verbindung zu, kann den Vater jedoch nicht beruhigen. Die Bedrohung durch die Türken zwingt aber ohnehin zur Entsendung Othellos nach Zypern. Desdemona erbittet die Genehmigung, ihrem Mann folgen zu dürfen. In Zypern setzt Jago einen Racheplan in Gang: Er macht Leutnant Cassio, der ihm einst vorgezogen wurde, betrunken und hetzt ihn gegen Rodrigo auf. Der Leutnant wird wegen des folgenden Raufhandels von Othello seines Dienstes enthoben, und Jago rät ihm, Desdemona um ein vermittelndes Wort zu bitten. Dann weckt er Othellos Misstrauen. Als die arglose Desdemona zwischen ihrem Mann und Cassio zu vermitteln versucht, schürt Jago geschickt Othellos Eifersucht. Desdemonas Spitzentuch, ein Liebespfand Othellos, dient ihm dabei als Beweismittel. Desdemona hat es verloren, Jago nimmt das Fundstück seiner Frau Emilia, der Zofe Desdemonas, ab und spielt es Cassio zu. Othello erzählt er, er habe das Tuch bei Cassio gesehen. Dann lässt er Othello ein Gespräch belauschen, in dem er sich mit Cassio über dessen Geliebte, eine Kurtisane, unterhält, wobei Othello annehmen muss, mit den Äußerungen über die Kurtisane sei Desdemona gemeint. Schließlich sieht Othello, wie die Kurtisane Bianca das Spitzentuch Cassio zurückgibt, dessen Muster sie hätte abzeichnen sollen. Damit ist er von Desdemonas Untreue überzeugt und gerät vor Eifersucht völlig außer sich. Vor dem venezianischen Gesandten, der ihn nach Venedig zurückberuft und Cassio zu seinem Stellvertreter einsetzt, verliert Othello jede Fassung. Als Desdemona sich über Cassios Berufung freut, schlägt er sie vor den versammelten Gästen ins Gesicht. Weder die verzweifelten Schwüre Desdemonas noch die Beteuerungen Emilias können ihn in seiner Eifersuchtsraserei von der Unschuld seiner Frau überzeugen. Er erwürgt und ersticht sie in ihrem Bett. Emilia, die zu spät die Intrige ihres Mannes durchschaut hat, deckt Jagos Lügen auf und wird von ihm getötet. Othello muss seine Verblendung erkennen, er begeht Selbstmord an Desdemonas Leiche.


Othello ist nicht nur die Tragödie der Eifersucht, nicht nur eine Ballade vom verlorenen Vertrauen, nicht nur das Drama eines Außenseiters oder Diskriminierten; diese große Tragödie zweier Liebender ist all das zusammen und mehr. Sicherlich ist Othellos Hautfarbe nicht unwesentlich: Als Fremder – zwar geachtet und gefeiert, aber doch nicht der Mann, dem man gern die Tochter zur Frau gibt – verfügt er über die extreme Empfindlichkeit und Selbstgerechtigkeit des Diskriminierten. Desdemona bestätigt ihm aber mit dem Durchbrechen der Konvention eine weltordnende Kraft der Liebe. »Liebt' ich dich nicht, dann kehrt das Chaos wieder«, sagt er. Als er glaubt, dass Desdemona ihn verrät, stürzt er aus allen Ordnungen, und ihre Ermordung ist der Versuch einer Wiederherstellung seiner Ordnung. Mit der Tötung Desdemonas meint er, Gerechtigkeit für ihm angetanes Unrecht zu üben und begeht mit diesem vermeintlichen Akt der Gerechtigkeit zugleich das größte Unrecht. Jan Kott beleuchtet noch einen anderen Aspekt: Er sieht einen Streit zwischen Jago und Othello um die Natur der Welt: Für Jago ist sie gemein, und er setzt bewusst den Mechanismus der Gemeinheit in Bewegung. Eine Welt, in der Othello Desdemona misstrauen und sie ermorden kann, ist böse – selbst wenn Othello Desdemona tötet, um die moralische Ordnung zu retten, um Liebe und Treue wieder einzusetzen. Jago behält also recht. So handelt er weniger aus verletzter Eitelkeit, Missgunst. oder Sexualneid, sondern als zynischer Regisseur eines Welttheaters. In seiner Welt hat eine Liebe wie die von Othello und Desdemona keinen Platz.

Zweisprachige Ausgabe mit Anmerkungen des Übersetzers, Bericht aus der Übersetzerwerkstatt und einem einführenden Essay von Dieter Mehl.

Über den AutorIn

Der Übersetzer: Frank Günther wurde 1947 in Freiburg geboren und wuchs in Wiesbaden auf; Studium der Germanistik, Anglistik und Theaterwissenschaften in Bonn und Mainz, Regieassistenz in Bochum und Stuttgart, Lehrauftrag an der dortigen Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst, dann fester Regisseur in Heidelberg; nach längerem Kanada- und USA-Aufenthalt erste Übersetzungen elisabethanischer Dramatiker, Regiearbeit u.a. in Bielefeld, Heidelberg und Basel, intensive Beschäftigung mit William Shakespeare; seit 1974 zunehmender Rückzug aufs Land, wo er am Schreibtisch Theater spielend alte und neue Dramatik übersetzt. Auszeichnungen: Christoph-Martin-Wieland-Übersetzerpreis Übersetzerpreis der Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Stiftung Johann-Heinrich-Voß-Preis